Virtual Reality
11.05.2020
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Der Blick in die Zukunft fällt durch eine Kontaktlinse. Was nach Science-Fiction klingt, könnte in zehn bis 15 Jahren Wirklichkeit sein. So sagt etwa Christian Grohganz, Geschäftsführer der Digital-Tech-Agentur weltfern interactive: „Per­spek­tivisch werden sich Virtual und Augmented Reality zu einem Medium verbinden. Statt klobiger Brillen tragen wir irgendwann Kontaktlinsen mit ­Mikrokameras.“

Laut einer Analyse der Beratung PricewaterhouseCoopers werden sich Virtual- (VR) und Augmented-Reality-Anwendungen (AR) vom Nischenphänomen zur Zukunftstechnologie entwickeln. Bis 2030 könnten Produkte und Dienstleistungen auf Basis von VR und AR bereits 1,5 Billionen Dollar zur Weltwirtschaft beisteuern. Eine Entwicklung, die auch für die hiesige Industrie Potenzial eröffnet.

Martin Zimmermann, Geschäftsführer von Imsimity, einem Anbieter für Extended-Reality-Soft- und Hardwarelösungen, sagt: „Die große Chance für unsere Wirtschaft besteht darin, Felder, in denen Deutschland sehr gut ist, wie etwa Maschinenbau, stärker zu digitalisieren und Services zu kreieren, die ohne Hilfe von AR und VR gar nicht möglich wären.“

Ausnahmesituationen simulieren

Aktuell wichtige Anwendungsfelder bestehen laut Grohganz in den Bereichen Kommunikation, E-Learning und Trainingsanwendungen, Architektur und Immobilien sowie Logistik. Zwar hätten die Entscheider in Unternehmen VR und AR auf der Agenda, aber bis zur tatsächlichen Umsetzung dauere es derzeit noch sehr lang. „Für viele ist der Einsatz von VR und AR noch Zukunftsmusik, doch die Zukunft kommt manchmal schneller, als man denkt“, so Grohganz.

Neben dem wirtschaftlichen Potenzial sieht Im­simity-Geschäftsführer Zimmermann auch einen gesellschaftlichen Mehrwert: „Dank VR und AR können Rettungskräfte Ausnahmesituationen wie Terroranschläge, Amokläufe oder Erdbeben virtuell durchlaufen und lernen, im Ernstfall besser damit umzugehen.“ Im Kontext der Coronakrise könnten VR und AR zudem einen Aufschwung erleben, wenn es etwa um den Einsatz digitaler Technologien in Schulen geht. Zimmermann betont: „Bei aller Dramatik bietet diese Lage vielleicht auch die Chance, dass die positiven Möglichkeiten der Digitalisierung künftig nicht mehr zerredet, sondern ernsthaft diskutiert werden.“

Sechs Anwendungen mit Potenzial

  • Immersiv und interaktiv lernen: Mit der Lernsoftware „CyberClassroom“, die aus Virtual-Reality-Lernmodulen und Hardware-Komponenten wie 3-D-TV, 3-D-Beamer und VR-Brillen besteht, erleben Schüler Unterricht von der digitalen Seite. Gemeinsam mit Fachlehrenden und einem Beratungskonsortium in dem auch Schüler sitzen, entwickelte Imsimity den „CyberClassroom“ als Open Social Innovation.
  • Nie wieder langweilige Autofahrten: Insbesondere im Hinblick auf die Zukunft des autonomen Fahrens erarbeitete das Start-up Holoride eine In-Car-VR-Plattform. Dabei werden Echtzeit-daten über die Position, Geschwindigkeit und Lenkung des Fahrzeugs mit einer Software verknüpft. Beifahrer erleben so per VR-Brille eine bewegungssynchronisierte Reise durch virtuelle Welten. Schon 2021 soll das Produkt voraussichtlich marktreif sein.
  • Mehr sehen und wissen: Das Bremer Start-up Ubimax hilft dabei, Augmented Reality in den Unternehmensalltag zu integrieren. Per Datenbrille können beispielsweise Maschinenbauer ihren Technikern vor Ort Informationen und Anweisungen geben. Auch der Logistikdienstleister DHL Supply Chain nutzt diese Datenbrillen. Im Sichtfeld der Lagermitarbeiter werden etwa Informationen darüber eingeblendet, wo genau sich ein gesuchter Artikel befindet.
  • Rette sich, wer kann: Bei schweren Zug- oder Straßenverkehrsunfällen kommen oft Rettungssägen zum Einsatz. Die Simula­tionssoftware „RescuesawMR“, die der Motorsägenhersteller Stihl gemeinsam mit Imsimity geschaffen hat, ermöglicht Rettungs- und Einsatzkräften, den Umgang mit der Säge in einer sicheren virtuellen Umgebung zu trainieren. Die Software hilft Kosten zu sparen und Ressourcen zu schonen und hat zudem das Potenzial, die Aus- und Weiterbildung im Rettungsbereich zu digitalisieren.
  • Angst, lass nach: Die eine fürchtet sich vor Menschenmengen, der andere hat Angst beim Fahrstuhlfahren: Ängste sind vielfältig und weit verbreitet. Das Hamburger Start-up Sympatient hat die Virtual-Reality-Therapie „Invirto“ zur Behandlung von Angststörungen in den eigenen vier Wänden entwickelt. Kernstück ist die Konfrontation mit den Angst auslösenden Situationen. Bei der App-gestützten Therapie mit digital angeleiteten Übungen und Schulungsvideos kooperiert Sympatient mit der Techniker Krankenkasse.
  • Digitale Industrie: Das Münchener Start-up Holo-Light hat eine Augmented-Reality-Software kreiert, mit der Ingenieure gemeinsam mit anderen Teilnehmenden 3-D-Inhalte designen, erstellen und bearbeiten können. Mit der Software „Holo-View“ und mithilfe des Eingabegeräts „Holo-Stylus“ sind etwa Prototypen digital erstellbar. Damit leistet Holo-Light einen Beitrag zur Digitalisierung von Produktionsprozessen, die in allen Industrieunternehmen stattfinden.
11.05.2020
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