Zwei Unternehmer aus unterschiedlichen Richtungen geben sich die Hand
26.02.2021
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Etwas mehr als 17 Millionen Einwohner haben die Niederlande. Das Land ist also rund ein Fünftel so groß wie Deutschland. Das Bildungssystem unseres Nachbarn ist zentralistisch organisiert, während hierzulande jedes Bundesland weitgehend selbstständig agiert.

Doch das allein ist nicht der Grund, weshalb die Niederlande in Sachen Bildung so völlig anders ticken wie wir. Dass dem aber so ist, sehen wir jeden Tag mit unseren digitalen Lernplattformen scoyo in Deutschland und Squla in den Niederlanden.

Niederlande sind offener und haben weniger Berührungsängste

Ich erlebe unser Nachbarland als digital hochentwickelt, gerade im Vergleich mit Deutschland. Wir bemerken im Umgang mit digitalen Themen ein gänzlich anderes Grundverständnis in der Gesellschaft; die Digitalisierung hat dort einen viel höheren Stellenwert. Das wird in den Schulen deutlich, in denen bereits sehr lange Computer im Einsatz sind und Lehrerinnen und Lehrer insgesamt dem Digitalen gegenüber komplett aufgeschlossen sind.

Aber auch über die Schule als klassischen Bildungsort hinaus sind die Berührungsängste mit Bildung über digitale Wege sehr gering. Als zuletzt pandemiebedingt Schulen geschlossen werden mussten, sind in den Niederlanden die Anmeldezahlen für Squla wortwörtlich in die Höhe geschossen, noch signifikanter als in Deutschland. Dadurch, dass Eltern digitale Tools und Services als selbstverständlich ansehen, kommen Kinder früh in den Kontakt mit der Technik. Berührungsängsten im Umgang damit wird also gleich vorgebeugt.

Natürlich hat Deutschland zuletzt massive Fortschritte gemacht (und machen müssen), auch viele Lehrererinnen und Lehrer zeigen sich offen für digitale Lehre. Aber sie ist im Bildungssystem noch weniger verinnerlicht als in den Niederlanden. Das so oft beschworene „Mindset“ war lange zu defensiv.

Das Daten-Verständnis im Zwei-Länder-Check

Datennutzung im Bildungsbereich ist – zu recht – ein sensibles Thema, jedoch im Digitalen unvermeidlich. Als im Mai 2018 die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) eingeführt wurde, waren die Herausforderungen zugegebenermaßen auf beiden Seite der Grenze hoch. Was wir jedoch im Vergleich von scoyo (Deutschland) und Squla (Niederlande) gesehen haben: Trotz der europäischen Rahmenbedingungen gab es in jedem Land Spezifikationen beim Umgang mit den Daten, zum Beispiel in der Cookie-Einwilligung; der deutsche Datenschutz stellt insgesamt die höheren Anforderungen.

Damit scoyo oder Squla zum Beispiel Lernfortschritte abbilden oder einen statistischen Vergleich innerhalb der Plattform aufzeigen können, müssen anonymisierte Daten erfasst werden. Nur so können Lernstände verglichen oder etwa auch Anpassungen bei den Lerninhalten und Lernwegen vorgenommen werden. Die Bundesbürgerinnen und Bundesbürger sind hier insgesamt sehr vorsichtig, während die Niederländerinnen und Niederländer oft eher den Nutzen in solchen Möglichkeiten sehen. Beides zeugt von unterschiedlichen Mentalitäten, die ihre länderspezifische Historie haben – und mit denen wir Unternehmen sensibel umgehen müssen.

Vertrauen ist und bleibt die zentrale Währung

Doch ganz egal auf welcher Seite der deutsch-niederländischen Grenze man steht: Vertrauen ist ein elementares Gut, erst recht, wenn es um Bildung geht. Die Niederländer neigen dazu, es allem, was digital ist, grundsätzlich entgegenzubringen, während man sich das Vertrauen als digitale Lernplattform in Deutschland zunächst erarbeiten muss. Ist das grundsätzlich falsch? Sicher nicht! Aber es mag zur Erklärung beitragen, warum uns und unsere Kinder der derzeitige Fernunterricht eher vor Herausforderungen stellt, als andere Länder mit ihren Bildungssystemen.

Und es zeigt gleichzeitig, welchen Weg wir noch zu gehen haben, wenn wir uns weiterhin als Bildungsrepublik verstehen wollen: Das Digitale muss in die DNA unserer Bildungsarbeit übergehen. Nicht blind und ohne Kritik, aber mit mehr Zutrauen und Mut, orientiert auf die Chancen und den Nutzen. Wie das gehen kann, können wir bei unseren niederländischen Nachbarn beobachten und sollten uns davon inspirieren lassen.

Zur Person

Porträt von Daniel Bialecki

Daniel Bialecki

ist Geschäftsführer der Online-Lernplattform scoyo. Diese begleitet mit ihren digitalen Angeboten und Services Schüler der Klassen 1 bis 7 und deren Eltern entlang des schulischen Bildungsweges. Bialecki kennt sowohl den deutschen als auch den niederländischen Ansatz für digitale Bildung

26.02.2021
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