Eine Frau hält einen Laptop
02.01.2020    Stefan Biela
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Mehr als 600 Millionen Treffer spuckt die Google-Suche bei dem Begriff „Smart Hospital“ aus. Die Themen: elektronische Patientenakten, die gefährliche Arzneimittelwechselwirkungen verhindern, ortsunabhängige Verbindung von Patienten und medizinischen Experten via Telemedizin oder Gesundheits-Apps als Stärkung chronisch Kranker. Aktuell scheinen diese smarten Lösungen aber eher noch Hype als schon Realität.

Das belegt die internationale Vergleichsstudie der Bertelsmann Stiftung, in der Deutschland nur auf Rang 16 von 17 untersuchten Ländern landet. „Während Deutschland noch Informationen auf Papier austauscht und an den Grundlagen der digitalen Vernetzung arbeitet, gehen Länder wie Israel oder Kanada schon die nächsten Schritte“, sagt Brigitte Mohn, Vorstand der Bertelsmann Stiftung. Auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn lässt kaum eine Gelegenheit aus, den digitalen Rückstand des Gesundheitswesens zu beklagen: „Das Ziel muss sein, den digitalen Wandel zu gestalten und die Chancen zu nutzen – und zwar im Sinne der Patienten. Denn die Digitalisierung des Gesundheitswesens wird sich nicht aufhalten lassen.“ Wie aber gelingt eine Transformation von Klinik zu Smart Hospital mit einer von Daten und Algorithmen geprägten Medizin?

„Während Deutschland noch Informationen auf Papier austauscht und an den Grundlagen der digitalen Vernetzung arbeitet, gehen Länder wie Israel oder Kanada schon die nächsten Schritte.“

Erfolgsfaktor Mensch

Ein Arzt betreut seinen Patienten mit der Hilfe von Technik

Krankenhaus digital: Zum Wohle des Patienten und zur Arbeitserleichterung für Ärzte und Pflegepersonal

Der erfolgsentscheidende Faktor zum Erreichen dieses Ziels ist der Mensch selbst. „Gut qualifiziertes Personal wird sich intensiv mit den neuen technischen Möglichkeiten beschäftigen und diese selektiv nutzen. Ob sich Patienten automatisiert und ohne den menschlichen Bezug behandeln lassen, wage ich stark zu bezweifeln“, sagt Andreas Spaetgens, Geschäftsführer der Max Grundig Klinik im Schwarzwald. Auch die Universitätsmedizin Essen will auf dem Weg zum Smart Hospital die Meinungen und Bedürfnisse der Patienten aktiv nutzen, gründete eigens dafür das „Institut für PatientenErleben“. Dort werden sie eng in Umstrukturierungsprozesse eingebunden.

Wichtig sei, dass der Nutzen der Digitalisierung für Menschen nicht abstrakt bleibt, sondern erlebbar wird, ist sich der Ärztliche Direktor Professor Dr. Jochen Werner sicher. Ein gutes Beispiel für einen erkennbaren Nutzen ist die klinische Anwendung Künstlicher Intelligenz. Schon heute werden in Krankenhäusern kognitive Computersysteme für radiologische Diagnostik eingesetzt, um Krankheiten schneller und genauer zu diagnostizieren.

Durch die Vernetzung mit internationalen Datenbanken wird dabei ein immens breites Wissen genutzt, aber auch zur Verfügung gestellt, um passgenaue Therapiekonzepte für Patienten zu erstellen und umzusetzen. Oder im Operationssaal: Roboter helfen dem Chirurgen bereits dabei, die Sicherheit des Patienten zu erhöhen. Da Vinci ist so eine Maschine, die minimalinvasive chirurgische Eingriffe mit höchster Präzision ermöglicht und dabei das Risiko einer Wundinfektion erheblich minimiert. Hier erlebt man genau diesen gewünschten positiven Effekt der „digitalen Patientenaufklärung“: Gerade Da Vinci ist bei Patienten sehr beliebt – oft wird extra nach einer Roboter-OP gefragt. Seit 1999 haben mehr als 44.000 Chirurgen über sechs Millionen Da-Vinci-Operationen weltweit durchgeführt.

Zukunftsszenario

So scheint eine Genesung des deutschen Gesundheitswesens zumindest in Aussicht – mit dem Patienten als Transformator. Da sind sich die wichtigen Player in 
der Branche einig. So lautet das Credo des Privatversicherers HanseMerkur: „Der Kunde steht im Zentrum jeder Aktivität“. Auch Philips – heute mehr E-Health-Treiber als Lichtexperte – verfolgt eine „Value Based Health Care“-Philosphie. Heißt: verbesserte Diagnosen, Effizienzsteigerung, Patienten- und Mitarbeiterzufriedenheit im Fokus.

Werner spannt das Szenario noch deutlich wei-ter. Seine Vision für die Zukunft: „In zehn Jahren hat sich die Krankenhauswelt für die Patienten im Empfinden und für die Ärzte in ihrer Arbeit dramatisch verändert. Dann geht es nicht mehr nur um die Kranken, sondern mehr und mehr auch um die Gesunden, um das Verhindern oder Verzögern des Ausbruchs einer Erkrankung.“ Und so könnte aus dem gehypten Begriff „Smart Hospital“ schließlich doch mehr werden: ein wahrhaft schlaues Zentrum für unsere Gesundheit.

Der Begriff E-Health steht für alle Anwendungen, die für die Behandlung und Betreuung von Patienten die Möglichkeiten nutzen, die moderne Informations- und Kom­munikationstechnologien bieten.

02.01.2020    Stefan Biela
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