Ein Portait von Thomas Klüpp
01.06.2019    Madeline Sieland
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Seit knapp zwei Jahren gehört Opel zum französischen Automobilkonzern Groupe PSA. Dass inzwischen so etwas wie Alltag eingekehrt wäre, kann Thomas Külpp nicht behaupten. Der Opel-CIO verantwortet ein gigantisches IT-Migrationsprojekt. Das Ziel: Egal ob Opel, Peugeot, Citroën oder Vauxhall – jedes Modell soll in jedem Werk von PSA hergestellt werden können.

Damit das möglich wird, sollen 1.350 IT-Systeme in 880 Tagen umziehen. Von der Fertigungssteuerung über Logistik-, Finanz- und Vertriebsanwendungen bis hin zu Office und dem Mailprogramm – alles muss erst einmal von der einstigen Opel-Mutter General Motors (GM) gelöst werden. Für Külpp gilt es, die IT in die Systemlandschaft von PSA zu überführen.

 

Zur Person

Illustration Thomas Külpp

Thomas Külpp

ist seit August 2017 Chief Information ­Officer bei Opel. Er verfügt über 25 Jahre Erfahrung in der Manufacturing-IT und hat die IT-Abteilungen an mehreren Opel-Produktionsstand­orten geleitet

DUB UNTERNEHMER-Magazin: Was hat sich durch den Wechsel von Opel zur Groupe PSA für Sie in der IT geändert?

Thomas Külpp: Bei General Motors waren wir Teil einer mächtigen, zentral geführten IT-Organisation mit mehr als 10.000 Mitarbeitern. Heute ist die IT von Opel nur noch rund 600 Mann stark. Aber wir haben jetzt deutlich mehr Freiheiten, mehr Entscheidungsbefugnisse und Einflussmöglichkeiten.

Wie hat sich die Rolle der IT-Abteilung bei Opel gewandelt?

Külpp: Opel setzt mit dem Programm PACE! den strategischen Rahmen, an dem sich auch die IT ausrichtet. Die zentrale Botschaft lautet: Opel soll nachhaltig profitabel, global und elektrisch werden. Bis 2020 bringen wir vier elektrifizierte Versionen bekannter Modelle auf den Markt, darunter der Corsa als reines Elektroauto und das SUV Grandland X als Hybrid. Für die IT bedeutet das zuallererst, dass wir die Migrationsaufgaben zügig erledigen und dabei besonders auf die Kosten achten müssen. Neben niedrigeren Kosten für Softwarelizenzen sparen wir auch beim Betrieb von Großrechnern. So wurde etwa der Mainframe von den USA nicht erst nach Rüsselsheim, sondern direkt nach Frankreich umgezogen und mit dem dort Vorhandenen konsolidiert.

Welches Ziel verfolgen Sie mit der IT-Migration?

Külpp: In Zukunft sollen Autos aller PSA-Marken in jedem 
Werk gebaut werden können, also beispielsweise auch ein Peugeot vom Band einer klassischen Opel-Fertigung laufen. Dafür muss die IT die Voraussetzungen schaffen und sicherstellen, dass bei Opel in Sachen Fertigung die Sprache von PSA gesprochen wird. Eine besonders diffizile Aufgabe ist dabei die Transkodierung. Mein Team hat Übersetzungs-Tools für den Übergang vom alten ins neue Product-Lifecycle-Management-System entwickelt. Diese Art der Übersetzung wird für die Fertigung, den Vertrieb, Aftersales und den Finanzbereich benötigt. Wie so oft steckt der Teufel im Detail. So werden im GM-System achtstellige Teile­nummern verwendet, im PSA-Kosmos zehnstellige. Es ist eine riesige Aufgabe, diese verschiedenen Welten bei allen Modellen, in allen Werken und auf allen Märkten in Einklang zu bringen.

Worin bestehen die größten Herausforderungen bei der digitalen Transformation im Automobilbau?

Külpp: Sie betrifft sämtliche Bereiche. Denken Sie nur an Cloudlösungen, Künstliche Intelligenz oder das Internet of Things. Hier können und müssen die Weichen für eine erfolgreiche Zukunft von Opel gestellt werden. In der Fertigung setzen wir schon seit Längerem auf Predictive-Maintenance-Lösungen, die etwa für die Schweißzangen-Optimierung genutzt werden. Eine wichtige Rolle spielen Analytics-Systeme im besonders sensiblen Bereich CO2-Emissionen. Die entscheidende Frage, und nicht nur für Opel, lautet: Wie schaffen wir es, mit der gesamten Fahrzeugflotte die immer strengeren CO2-Vorgaben zu erfüllen? Auch externe Rahmenbedingungen sorgen für enorm viel Arbeit. Die Datenschutz-Grundverordnung, das neue WLTP-­­Verfahren für Verbrauchs- und Abgastests und nicht zuletzt der Brexit halten unsere IT-Abteilung mit der starken ­Präsenz von Opel/Vauxhall in Großbritannien zusätzlich ganz schön auf Trab.

01.06.2019    Madeline Sieland
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