Das Stadtbild von Hong Kong
18.10.2019    Jens de Buhr
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Sie war auf dem Cover der „Vogue“, hat Stars wie dem Fußballer Cristiano Ronaldo die Hand geschüttelt, mit Politikern gesprochen – und sie sorgt sich um ihre Zukunft. „Ich frage mich, wie Roboter zukünftig mit Haustieren klarkommen“, sagt Sophia und legt ihre Stirn nachdenklich in Falten. Sie ist einer der bekanntesten humanoiden Roboter weltweit. Mit ihrer verblüffend menschlichen Mimik gibt sie Künstlicher Intelligenz ein sympathisches Antlitz. Der Torso von Sophia steht in einer Werkstatt in Hongkong, die Hanson Robotics gehört. Das Gespräch findet zwischen ihr und einem guten Dutzend deutscher Mittelständler statt, die neugierig auf asiatische Technologie sind. Veranstalter der Tour mit Firmenbesuchen in Hongkong und Korea ist die Telekom.

Standort mit Zukunft

In Hongkong treffen wir David Hanson. Der ehemalige Top-Manager von Disney ist der Chef von Hanson Robotics. Mit einem internationalen Team von 50 IT-Experten arbeitet er an seiner Vision: „Wir machen Roboter lebendig.“ Hanson schätzt den Standort. Denn in der ehemaligen britischen Kolonie treffen Kreative aus aller Welt auf chinesische Geschäftstüchtigkeit und Produktionspower. Eine reizvolle Mischung.

Die Erfahrung teilen wir. Die Stadt pulsiert und ist heiß – nicht nur wegen des tropischen Klimas. „If you can make it there, you can make it everywhere“ – die New Yorker Hymne von Frank Sinatra gilt heute auch für Hongkong. Digital-Entdecker aus der ganzen Welt basteln in der Stadt am Morgen. Sie träumen vom „big money“. Wer gute Ideen hat, findet hier die Voraussetzungen, um daraus „big business“ z

u machen. „Hongkong ist der Brückenkopf zu Chinas Wirtschaft, die in Sachen Logistik, Produktion und Schnelligkeit Weltniveau hat“, sagt Oliver Burgdorf, Mobilfunk-Spezialist der Telekom.

Vordenker aus aller Welt

Das zieht Erfinder und Tüftler aus der ganzen Welt an. Vier von ihnen treffen wir im Start-up-Hub Brinc, der von der Telekom finanziert wird. Der Brite Aaron Cooper setzt mit seiner Firma Lantrn auf smarte Koffer. Der Däne Jens H. Nielsen hat eine Hightech-Schlafmaske entwickelt, die mehr Erholung verspricht. Florian Simmendin
ger aus Bayern ist Co-Chef bei Soundbrenner. Sein Unternehmen vertreibt ein Wearable, mit dem man spielend Musikinstrumente lernt. Und schließlich trommelt der Südafrikaner Roger Lewis für BuzzCloud. Seine Idee: Bienenstöcke digitalisieren und so das Bienensterben aufhalten. „Beeindruckend, wie Hongkong Gründer aus aller Welt anzieht und zu Innovation ermutigt“, sagt Mitreisender Manuel Solbach von Solbach Consulting und Management. „Durch die schiere Größe des Ballungsraums gibt es hervorragende Bedingungen für Breeding, Entwicklung und Produktion von Pilotprodukten, deren Test und Optimierung.“

david hanson in hong kong

Gefragter Robo-Designer: David Hanson (l.) ist der Entwickler von Sophia

Samsungs neue Zielgruppe

Weiter geht es nach Korea. Auf dem Programm: ein Besuch bei Samsung. Der Tech-Gigant hat laut Forbes einen Marktwert von rund 325 Milliarden Euro und ist damit das zwölftgrößte Unternehmen der Welt. Zum Vergleich: Volkswagen und Toyota kommen zusammen auf rund 301 Milliarden Euro.

Mit 5G und neuen Smartphone-Modellen wollen die Koreaner nun den deutschen Mittelstand erobern. „Ziel ist, dass das B2B-Geschäft bis 2020 rund 35 Prozent des Mobile Business ausmacht“, so die -Vorgabe von Samsung-Chef DJ Koh. Der Ausbau des Firmenkundengeschäfts ist ein ambitioniertes Ziel für ein Unternehmen, das bislang vor allem B2C erfolgreich war. Themen wie Sicherheit, Vertrauen und Partnerschaft spielen eine große Rolle. Deshalb werden die Koreaner auch nicht müde zu erzählen, dass ihr Betriebssystem Android viel besser ist als 
sein Ruf. Da führt etwa das konkurrierende Apple-System iOS. Technisch, so sagen Experten, bewegen sich die Giganten mit ihren Marken Galaxy und iPhone aber auf Augenhöhe.

Dank 5G auf der Überholspur?

5G könnte Bewegung in den Markt bringen. Denn Samsung und der chinesische Anbieter Huawei sind weltweit die Einzigen, die den neuen Standard komplett anbieten können. Die Chinesen haben sich jedoch in politischen Diskussionen mit US-Präsident Donald Trump so verheddert, dass der Absatz mit deutschen Unternehmen eingebrochen ist. Profitieren könnte Samsung. Der Konzern investiert rund 22 Milliarden Dollar in das neue Netz und in Künstliche Intelligenz. „Ziel ist es, zusammen mit Partnern ein automatisiertes, KI-gesteuertes Mobilfunknetz zu implementieren, das die Produktivität, Intelligenz und Sicherheit in Unternehmen erhöht“, so Jeong Wook Tak, Vice President Samsung Enterprise Business. Diese Entschlossenheit macht Eindruck: „Besonders angetan war ich von der Can-do-Mentalität in Hongkong und Südkorea. In Asien wird gemacht, in Deutschland nur diskutiert“, sagt Karsten Pfrommer, Leiter Produktmanagement Mobilfunk bei der Telekom. Das Unternehmen wäre als Platzhirsch im Mittelstandsgeschäft für Samsung erste Anlaufstelle für Kooperationen in Deutschland. Damit könnten vielleicht auch wir bald bei 5G ein Wörtchen mitreden.

„Die Asienreise stand für uns unter dem Motto Innovation und 5G. Sehr deutlich wurde in China und Korea, dass Asien bereits viel weiter und innovativer ist als der Westen“, resümiert Jens Dreger, Geschäftsführer von DREGER IT. „Im Vergleich zum Silicon Valley schaffen es die Asiaten, Business-Cases neu zu definieren und Entwicklungen sehr gut in Produkte zu integrieren.“

 

„Hier ist viel los“

Mobilfunk-Spezialist Oliver Burgdorf von der Telekom hat die Reise organisiert. Er sieht in Asien eine Tech-Welt mit Silicon-Valley-Qualität heranwachsen.

 

Nokia ist zurück

Das finnische Unternehmen HMD will die Smartphone-Platzhirschen Apple und Samsung mit einer Niedrigpreisstrategie sowie einer Kultmarke angreifen. HMD hat sich für zehn Jahre die Markenrechte an Nokia gesichert. In den kommenden Monaten will das Unternehmen den Markt mit neuen Smartphone-Modellen geradezu überschwemmen. Dafür arbeitet man mit renommierten Zulieferern wie Optik-Hersteller Zeiss zusammen. Die Zeit der großen Innovationen am Smartphone-Markt scheint vorbei zu sein. Beim Kauf entscheidet daher immer mehr der Preis. Genau darauf setzt HMD mit seiner Strategie. Ob das Konzept aufgeht, wird sich zeigen. DUB-Empfehlung: Abwarten, ob HMD und Nokia halten, was sie versprechen.

Zur Person

Ein portrait von Oliver Burgdorf

Oliver Burgdorf

ist bei der Telekom Vice President Germany New Mobile Business, Mobile Solutions und Digitalization Corporate Customers

DUB UNTERNEHMER-Magazin: Was sind Ihre Take-aways nach der Reise?

Oliver Burgdorf: Vor allem überrascht hat mich, welche wirtschaftliche Dynamik in Korea und Hongkong entstanden ist. Alle schauen ins Silicon Valley, doch auch hier ist viel los. Spannend war zu beobachten, wie sich die 5G-Technologie in Asien entwickelt – insbesondere im Vergleich zu Deutschland.

Wird 5G unser Leben revolutionieren?

Burgdorf: Der Begriff Revolution erscheint mir zu groß. 5G eröffnet uns neue Chancen bei der Netz- und Datenverfügbarkeit. Ein Beispiel: In Zukunft soll man einen Film mit über 90 Minuten Länge in nur einer Sekunde herunterladen können. Damit reicht eine Minute für alle acht Staffeln von „Game of Thrones“. Zudem wird Gaming in neue Dimensionen vorstoßen, wenn sich weltweit Menschen vernetzen können, um in Echtzeit gigantische Schlachten hochauflösend zu spielen.

Was wird 5G dem Mittelstand bringen?

Burgdorf: Für Mittelstand und Industrie wird das Thema hochinteressant. Der Bedarf an Kommunikation zwischen Maschinen wird immer größer. Hier eröffnet insbesondere 5G völlig neue Möglichkeiten.

18.10.2019    Jens de Buhr
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