Schiff im Corona Meer
14.04.2020    Charlotte Reuscher
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zu Gast und standen Rede und Antwort zu diesen Fragen:

Datensicherheit und Homeoffice – wie geht das zusammen?

Angestoßen durch die aktuelle Diskussion über den Videokonferenz-Anbieter Zoom, wollten gleich mehrere Unternehmer wissen, wie sie ihre IT-Infrastruktur sicher gestalten können. Matthias Nehls: „Im Moment werden viele Unternehmen ins kalte Wasser geworfen und nehmen sich nicht genug Zeit für Sicherheit. Einer unserer Kunden, ein Unternehmen mit mehr als 1.500 Mitarbeitern, hat alle privaten Rechner der Mitarbeiter in sein IT-System eingebunden – und nach einem Tag ging nichts mehr.

Eine Ausstattung der Mitarbeiter mit Firmen-Rechnern wäre besser gewesen. Aber das größte Risiko liegt im Faktor Mensch – der, neugierig wie er ist, zum Beispiel auf Phishing-Mails hereinfällt und damit Viren ins System schleust. Mitarbeiter müssen deshalb aktuell noch einmal ganz besonders sensibilisiert werden.

Gleichzeitig erleben wir gerade einen Quantensprung für die IT-Security. Es ist so, als würden alle zum ersten Mal ein Auto fahren: Ja, wir haben Unfälle, aber viele Leute beschäftigen sich auch sofort mit den Ursachen und finden Lösungen; Sicherheitsgurte und Airbags sind nur der Anfang. Und so wird es auch für IT-Systeme immer bessere Schutzmechanismen geben.“

Was muss ich in Sachen Datenschutz beachten?

Andreas Sutter: „Im Hinblick auf die DSGVO gibt es zwei wichtige Aspekte. Zum einen muss auf den materiellen Datenschutz geachtet werden: Hört zum Beispiel der Nachbar bei einem geschäftlichen Telefonat auf dem Balkon mit? Welche Anwendungen werden genutzt, auf die unter Umständen auch Fremde zugreifen können? Zum anderen müssen die Regeln des formellen Datenschutzes beachtet werden, sonst kann es später Probleme geben.

So muss zum Beispiel mit externen Anbietern wie etwa Zoom ein Auftragsverarbeitungsvertrag abgeschlossen werden. Außerdem müssen die Daten der Mitarbeiter geschützt werden, etwa durch die Einrichtung eines neutralen Hintergrunds bei Videokonferenzen, sodass es keine Einblicke in private Räume geben kann. Und: (Personal-) Gespräche über Gesundheit, Gehaltsverhandlungen oder ähnliches sollten nicht über öffentliche Anwendungen geführt werden.“ Gemeinsam mit dem DUB UNTERNEHMER-Magazin hat der IT-Experte ein Erste-Hilfe-Paket entwickelt. Mehr dazu lesen Sie hier.

Wie mache ich meine Mitarbeiter fit fürs Homeoffice?

Mitarbeiter sind verschieden: Der eine braucht den täglichen Austausch mit den Kollegen am Kaffeeautomaten, der andere arbeitet lieber alleine vor sich hin. Um sicherzustellen, dass alle gleichermaßen mit der neuen Arbeitssituation zurechtkommen, rät Dr. Eva Gattnar zur intensiven Kommunikation. „Man muss zunächst über Regeln sprechen, die vorher selbstverständlich waren: Gelten zum Beispiel die Kernarbeitszeiten weiter? Das ist vielleicht unrealistisch, gerade, wenn im Homeoffice noch Kinder betreut werden müssen. Darüber müssen klare Vereinbarungen mit dem Team getroffen werden. Zudem sollten sich Führungskräfte die Zeit nehmen, einmal mit jedem Mitarbeiter einzeln über die neue Situation zu sprechen – zur Not muss dann das Tagesgeschäft einmal ein paar Tage leigenbleiben.“

Wie kann ich sicherstellen, dass der Tag im Homeoffice gut strukturiert wird?

Früh aufstehen, zur Arbeit fahren, die Kollegen begrüßen, den Rechner anschalten – die jahrelang bestehenden Routinen fallen im Homeoffice weg. Neue Strukturen müssen her, sagt Dr. Eva Gattnar, und diese können etwa so aussehen: „Gut ist es, jeden Morgen gemeinsam in den Tag zu starten – mit einem 15-minütigen Video-Call, bei dem sich alle einmal sehen und austauschen können, woran sie gerade arbeiten. Zudem sind zwei- bis dreimal die Woche Teamcalls sinnvoll, in denen konstruktiv und lösungsorientiert mit dem gesamten Team über die aktuelle Arbeitssituation gesprochen werden kann.“

Für die Gestaltung der einzelnen Arbeitstage haben sich 90-Minuten-Blöcke bewährt, so die Expertin. Dabei wird jeweils 90 Minuten am Stück zu einem bestimmten Thema gearbeitet, dann gibt es eine kurze Pause, bevor der nächste Block beginnt.

Wie kann ich die Zusammenarbeit im Team aufrechterhalten, wenn alle zuhause arbeiten?

Das fragte der Geschäftsführer eines kleineren Marktforschungsunternehmens. Der Start ins Homeoffice hat dort bereits gut funktioniert, einen gemeinsamer Wake-up-Call gehört zum täglichen Programm. Ihm rät Dr. Eva Gattnar zur Einführung eines Buddy-Programms: „In jedem Team gibt es verschiedene Rollen – einer ist top in Excel, ein anderer bringt immer Kuchen für die Kollegen mit. Das kann man auch im Home-Office nutzen – zum Beispiel kann der Excel-Profi per Videokonferenz einen Mastermind-Vortrag halten, der Kuchenbäcker ein virtuelles Kaffeeklatsch-Treffen organisieren. Beide reichen den Stab dann weiter, sodass schließlich jeder Mitarbeiter in die informellen Aktivitäten einbezogen wird.“

Senkt die Arbeit im Homeoffice die Produktivität der Mitarbeiter?

Dieser Befürchtung vieler Arbeitgeber erteilt Dr. Eva Gattnar eine Absage: „Ich sehe mehr Vor- als Nachteile beim Homeoffice. Wie sich die Produktivität entwickelt, hängt auch sehr von der Firmenkultur ab. Wird Vertrauen und Loyalität gelebt, kann die Produktivität auch zunehmen – viele Mitarbeiter arbeiten in diesen Fällen sogar mehr als vorher und sind flexibler in der Gestaltung der Arbeitszeiten.“

Die Top-Tipps der Experten:

  • Andreas Sutter: Jedes Homeoffice auf Datenschutzkonformität und -sicherheit prüfen, Mitarbeiter für den Datenschutz sensibilisieren, vertragliche Pflichten müssen erfüllen!
  • Matthias Nehls: Sensibilisieren Sie Ihre Mitarbeiter, sorgen Sie dafür, dass diese kritisch bleiben! Und statten Sie sie, wenn möglich, mit Firmenrechnern aus – das ist sicherer als die Nutzung privater Arbeitsumgebungen.
  • Dr. Eva Gattnar: Seien Sie für Ihre Mitarbeiter da – besprechen Sie mit jedem Einzelnen seine Anliegen, sorgen Sie für klare Kommunikation und gehen Sie mit gutem Beispiel voran!
14.04.2020    Charlotte Reuscher
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