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01.06.2019    Anke Ralle
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Das Gütesiegel „made in Germany“ habe auch in Zeiten von Industrie 4.0 noch einen hohen Wert, sagt Christoph Meinel. Der Direktor des Potsdamer Hasso-Plattner-Instituts (HPI) über die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands.

Zur Person

Portrait von Christoph Meinel

Professor Christoph Meinel

ist Direktor und Geschäftsführer des Hasso-Plattner-Instituts für Digital Engineering. Zudem ist der Informatiker Dekan der Digital-Engineering-Fakultät an der Universität Potsdam

DUB UNTERNEHMER-Magazin: Wie innovativ ist ­unser Mittelstand?

Christoph Meinel: Das lässt sich nicht pauschalisieren. Mittelstand ist eben nicht Mittelstand. Das zeigt sich schon an regionalen Unterschieden: In Süddeutsch­land zählen zum Mittelstand relativ große Firmen, die in ihrem Segment marktbeherrschend sind. Im Norden und Nordosten sind diese dünn gesät. Und bei Fami­lienunternehmen kommt es darauf an, wie sie geführt werden. Begreifen die Verantwortlichen Digitalisierung als Chance, um zu wachsen? Oder zögern sie eher?

Gibt es auch Unterschiede zwischen Generationen?

Meinel: Da muss ich die ältere Generation in Schutz nehmen. Jung ist nicht gleich innovativ. Entscheidend ist, dass Potenziale früh erkannt und genutzt werden.

Wie sieht am HPI die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Wirtschaft aus, damit innovative Ideen schneller Realität werden?

Meinel: Wir haben in der Informatik und bei Data-Science eine andere Situation als in anderen Wissenschaften. Unsere Forschungsergebnisse finden relativ schnell Eingang in Produkte und Prozesse. Das ist in der Physik anders. Dort führt Grundlagenforschung mitunter erst nach Jahrzehnten zu konkreten Ergebnissen. Uns ist es wichtig, eng mit jenen zusammenzuarbeiten, die aus unserer Forschung Produkte, Services oder Plattformen entwickeln. Wir haben daher viele Kooperationen und Projekte mit Unternehmen und Organisationen. So können wir Probleme bei der Anwendung – etwa einen zu langsamen Algorithmus für zu große Datenmassen – schneller beheben.

Innovation versus regulatorische Beschränkungen: Wie können Produkte schneller marktreif werden?

Meinel: Es braucht einen Mechanismus, um Wissen­schaft, Politik, Förderinstrumente und Start-ups zusammenzubringen. Denn es muss frühzeitig geschaut werden, ob es tatsächlich einen Markt für eine Idee gibt. Für Großunternehmen ist das schwierig. Fesseln, die wir uns in der Verwaltung angelegt haben, sind vielleicht gut, um den Betrieb zu organisieren. Bei der digitalen Transformation sind sie aber ein Hemmnis.

„Made in Germany“: Wie steht es um den Wert ­dieses für die Wirtschaft wichtigen Gütesiegels?

Meinel: Bei den Tech-Unternehmen sind wir im Vergleich zu China und den USA nicht so gut aufgestellt. Bei unserer verarbeitenden Industrie ist das anders. Da schaut die Welt genau hin, was wir machen – vor allem wenn es darum geht, die traditionelle Industrie mit den Möglichkeiten der Digitalisierung zu verbinden. Das ist aber kein Selbstläufer. Deshalb gibt es zum Beispiel die Plattform Industrie 4.0. Das Netzwerk ist ein Versuch, alle Player zusammenzubringen, um sich über Standards und Schnittstellen zu unterhalten. Es soll so die gemeinsame Grundlage für künftige Entwicklungen gefunden werden. Gelingt das, kann sich Deutschland international behaupten.

01.06.2019    Anke Ralle
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