Arbeiter am Fließband, der seine Arbeit mit Maschinen vollzieht
12.12.2019    Miriam Rönnau
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p>„Im Kern stehen wir vor zwei großen Herausforderungen: Wie können wir Menschen für den künftigen Arbeitsmarkt qualifizieren? Und dann ist da die Frage nach der Ungleichheit“, sagt der Arbeitsmarktexperte vom IZA. „Wie lassen sich die Beschäftigten mitnehmen, die heute in eher weniger qualifizierten Berufen arbeiten, die es bald nicht mehr gibt?“ Wie so oft gibt es auch dafür nicht nur die eine Lösung des Problems. Aber ein wesentlicher Teil davon ist Bildung. 

Im Fokus steht Bildung

„Die Kompetenz- und Bildungsanforderungen werden immer weiter steigen. Sowohl Unternehmen als auch die Bundesagentur für Arbeit müssen Maßnahmen ergreifen, um alle Beschäftigen im Strukturwandel mitzunehmen“, so Gregory. Dass dies bereits auf der politischen Agenda steht, zeigt etwa das Qualifizierungschancengesetz, das seit Anfang 2019 Unternehmen finanzielle Unterstützung bei der Weiterbildung bietet. Darüber hinaus plant Arbeitsminister Hubertus Heil ein „Arbeit-von-morgen-Gesetz“, um die Qualifikation der Beschäftigten weiter zukunftsfähig zu machen. Maßnahmen, die zeigen, dass auch die Politik die Digitalisierung auf dem Schirm hat. „Wir wollen die Teilhabe der Beschäftigen auf dem künftigen Arbeitsmarkt im Zuge der digitalen Transformation sichern und es Unternehmen ermöglichen, die Fachkräfte zu finden, die sie für den digitalen Wandel in ihren Betrieben benötigen“, sagt Staatssekretär Björn Böhning.

„Die Kompetenz- und Bildungsanforderungen werden immer weiter steigen. Sowohl Unternehmen als auch die Bundesagentur für Arbeit müssen Maßnahmen ergreifen, um alle Beschäftigen im Strukturwandel mitzunehmen.“

Das  Best-Case-Szenario aber wäre, alle Beschäftigten zu Digitalverstehern zu machen – so lautet das Ziel, dem sich Gründerin Christina M. Joho mit ihrer Initiative „Zukunft Begreifen“ verschrieben hat. Neben Schulen unterstützt sie Unternehmen bei der Ent-wicklung digitaler Kompetenzen von Mitarbeitern. „Die Menschen sind der Kern der Veränderung“, ist Joho überzeugt. „Es geht darum, die Angst vor dem Unbekannten zu verlieren. Nur wer die Digitalisierung begreift, kann anfangen, diese für sich zu nutzen und kreativ zu gestalten.“ So lernen die Teilnehmer, Roboter zu programmieren und zu steuern. „Bei der Digitalisierung ist es wichtig, selbst aktiv hinter die Black Boxes zu schauen“, erklärt sie.

Der Softwarehersteller IBM stellt seine Kompetenzen ebenfalls zur Verfügung. Als einer der führenden Entwickler im KI-Bereich gehört IBM einer Branche an, die sich im wahrsten Sinne der Zukunft verschrieben hat. In Hamburg hat das Unternehmen ein Design-Thinking-Center aufgebaut, in dem Mittelständler Workshops besuchen können, um gemeinsam an der Zukunftsfähigkeit zu arbeiten. „Neben den Experten in den Bereichen Machine-Learning, Deep Learning und Künstliche Intelligenz brauchen wir auch Menschen, die wissen, wie man die Technologien am besten integriert“, sagt Wolfgang Hildesheim, Director Watson, Data Science & Artificial Intelligence bei IBM in der DACH-Region.

Männer sitzen auf dem Sofa und arbeiten agil

Mit Freude dabei: Dank neuer digitaler Möglichkeiten wird Arbeiten flexibler und agiler (Illustration: Philipp Möller)

Chancen in der Finanzbranche

Adäquates Praxis-Know-how bietet sich natürlich nicht nur bei der Weiterbildung an, sondern auch während der Ausbildung. Stichwort: duales Studium. Bereits seit 2008 kooperiert etwa die Deutsche Vermögensberatung (DVAG) mit der Fachhochschule der Wirtschaft Marburg und bietet ein praxisnahes Studium für künftige Führungskräfte an. Dabei können sich Studierende Fachwissen aus den Bereichen Finanzwirtschaft und Unternehmensführung aneignen. Seit Oktober 2019 läuft erstmals der Masterstudiengang „Management und Führung im Finanzvertrieb“, bei dem sich Studierende berufsbegleitend auf die Arbeitswelt vorbereiten können. „Schon heute ist der Finanzmarkt sehr komplex, und das wird weiter zunehmen. Wir setzen auf hoch qualifizierte Nachwuchskräfte“, sagt Dr. Dirk Reiffenrath, Mitglied des Vorstands der DVAG und zuständig für den Bereich Aus- und Weiterbildung.

Auch die Studie „The Future of Jobs 2018“ vom World Economic Forum zeigt, dass Beratungsexpertise in Finanzfragen zu den weltweit gefragtesten Berufsbildern der kommenden Jahre gehört. Gleiches prophezeit auch die YouTuberin “linguamarina”, die ihre fundierte Recherche im Video „23 Jobs of the Future (and jobs that have no future)“ veröffentlicht hat, das über eine Million Mal geklickt wurde. Dabei nennt sie auch einen vielversprechenden Beruf, der überrascht: Koch.

Digitalisierung in der Küche

Der Grund: Nicht nur in der Beratung, sondern in jeglichen Bereichen werden menschliche Kompetenzen immer wichtiger.„Die Sterneküche ist eine Form von Kunst. Das können Maschinen nicht“, sagt Elouan Pêcheur, Direktor des „Parkhotels Stuttgart“. Doch auch hier spielt die Digitalisierung eine entscheidende Rolle. So hat das „Parkhotel“ kürzlich eine neue Software eingeführt, um den Beruf für den Nachwuchs attraktiver zu machen: Über ein Tool werden die Arbeitszeiten umstrukturiert – Teildienste mit frühem Arbeitsbeginn, langen Pausen und Spätdiensten sind nun Vergangenheit. Auch die Prozesse in der Küche laufen effizienter. In eine App tragen die Köche ein, wann sie was zubereiten. So arbeiten sie für ihre Kollegen gleich mit, anstatt dass jeder sein eigenes Süppchen köchelt. Das macht die Arbeit in der Küche nicht nur entspannter, auch können sich die Chefs besser auf das konzentrieren, was sie am besten können: Speisen kreieren und kreativ anrichten. 

„Die Sterneküche ist eine Form von Kunst. Das können Maschinen nicht.“

Der Blick auf Morgen

Auf Basis der Studie vom World Economic Forum, der Recherche der prominenten YouTuberin “linguamarina“ sowie der Interviews, die die Redaktion des DUB UNTERNEHMER-Magazins geführt hat, kristallisiert sich eine Reihe von Jobs heraus, die in den nächsten Jahren wegfallen werden, weiterhin stabil bleiben oder erheblich an Relevanz gewinnen werden.

Explizit in Deutschland werden dabei folgende Berufsbilder besonders gefragt sein: Entwickler, Sales- und Marketingspezialisten, Human-Resources-Spezialisten, Menschen aus der Produktion sowie Datenanalysten und Wissenschaftler. Die Redaktion des DUB UNTERNEHMER-Magazins hat sich diese Profile deshalb genauer angesehen und jeweilige Vertreter danach befragt, wie sie die Zukunft ihres Jobs sehen. Es gab dabei vor allem einen Konsens: Die Digitalisierung macht viele Tätigkeiten menschlicher. Denn dank der Transformation können sich Arbeitnehmer mehr auf ihre individuellen Fähigkeiten konzentrieren; stupide Tätigkeiten sind damit passé. Und wie schon zu Zeiten der Industrialisierung und Automatisierung wird schon morgen wohl niemand diese Tätigkeiten vermissen.  

Credit: JDB MEDIA/Philipp Möller

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12.12.2019    Miriam Rönnau
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