Illustration von Peter Komma und Frank Göring
19.10.2019    Madeline Sieland
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div>Digitalisierung hin oder her – WCs oder Geschirr werden immer gebraucht. Keramikhersteller können die Transformation nutzen, um sich am Markt besser positionieren. Wie, das wissen Frank Göring und Dr. Peter Domma von Villeroy & Boch.


Neue Produktbereiche, innovative Materialien, moderne Technologien: In Zeiten der digitalen Transformation reicht es nicht, sich auf 270 Jahren Firmengeschichte und einem bekannten Namen auszuruhen, um sich am Markt zu behaupten. Wichtig sei es, am Puls der Zeit zu bleiben, sagt Frank Göring, CEO des Keramikherstellers Villeroy & Boch. Im Interview sprechen Göring und sein Digital-Chef Dr. Peter Domma über Start-ups, Bad-Planung per Virtual Reality und den Umgang mit Digital Immigrants.

Zur Person

Illustration Peter Domma

Dr. Peter Domma

ist seit Juni Managing Director der Villeroy & Boch Innovations GmbH sowie der Villeroy & Boch Ventures GmbH. Bevor er 2016 zu Villeroy & Boch kam, war Domma bei CosmosDirekt

Zur Person

Illustration Frank Göring

Frank Göring

ist seit Juni 2007 Vorsitzender des Vorstands von Villeroy & Boch. Zu dem Konzern kam der Betriebswirt 1997 – nach Stationen unter anderem im Marketing von Procter + Gamble, Reemtsma und Hero

DUB UNTERNEHMER-Magazin: Als eine Art Faustregel der Digitalisierung gilt: Wer sich dem Wandel nicht stellt, läuft Gefahr, von disruptiven Entwicklungen aus dem Geschäft geworfen zu werden. Gilt das auch für Ihre Branche?

Peter Domma: Die Digitalisierung bietet großes Potenzial.
 Wer das nicht nutzt, wird früher oder später von Wettbewerbern überholt. Disruptive Entwicklungen werden ein WC oder einen Teller allerdings nicht obsolet machen. Aber natürlich verändern sich auch für uns Dinge grundlegend, beispielsweise was die Art angeht, wie wir Kunden erreichen und mit ihnen kommunizieren.

Frank Göring: Die Kommunikationskanäle haben sich potenziert. Die Herausforderung dabei ist, die optimale Ansprache für jeden einzelnen Kunden zu finden und auf individuelle Bedürfnisse eingehen zu können. Im Bereich Tischkultur kommt auch der Vernetzung der Online- und der stationären Vertriebswege wie zum Beispiel durch Click & Collect eine wichtige Bedeutung zu.

Sie haben ein Tool entwickelt, über das ein Bad per Virtual Reality online zu planen und zu erleben ist. Was bringt das?

Göring: Ein neues Badezimmer ist eine vergleichsweise große Investition. Also möchten sich Kunden bei der Entscheidung dafür möglichst sicher sein. Dass sie ihr Traumbad vorab mit unserem „VR Cardboard“ räumlich erleben können, trägt erheblich zur Planungssicherheit bei: Die Kunden bekommen durch diese Form 
der Visualisierung ein besseres Gefühl für Größenverhältnisse und Abstände sowie das Gesamterscheinungsbild.

Sie haben kürzlich die Villeroy & Boch Innovations GmbH gegründet. Darüber wollen Sie in Start-ups investieren und den Aufbau eigener digitaler Geschäftsmodelle vorantreiben. Welchen Fokus setzen Sie bei Ihrer Digitalstrategie?

Domma: Wir sind immer auf der Suche nach innovativen Ideen, die strategisch zum Kerngeschäft passen. Von der Kooperation mit Start-ups versprechen wir uns, die Innovationskraft in neuen Geschäftsfeldern weiter zu steigern. Wir wissen, dass der Blick über den Tellerrand sehr gewinnbringend sein kann. Ziel unserer Digitalstrategie ist es, sowohl interne Prozesse zum Beispiel in Produktion, Marketing, Logistik und Vertrieb zu digitalisieren als auch neue Geschäftsmodelle, Produkte und Services zu etablieren.

Göring: Zu den Aufgaben der Digitalstrategen und Projekt­manager in unserer Digital Unit gehört es auch, Mitarbeiter für den Wandel zu sensibilisieren und gemeinsam mit den Fachbereichen digitale Projekte zu entwickeln und umzusetzen. Neben Start-up-Kooperationen liegt der Fokus auf drei weiteren Kernbereichen: Marketing & Sales, Process Digitisation sowie Data Science.

Sie sprachen es gerade schon an: Digitale Transformation bedeutet nicht nur, neue Technologien zu nutzen. Wie gelingt der Wandel auch in den Köpfen der Mitarbeiter?

Göring: Neben der Digital Unit, die vor allem die digitale Strategie- und Projektentwicklung der Fachbereiche begleitet, gibt es weitere Angebote, um unsere Mitarbeiter beim digitalen Wandel mitzunehmen. Sehr beliebt ist das Reverse-Mentoring-Programm, bei dem junge Mitarbeiter den Digital Immigrants zeigen, welche digitalen Tools und Plattformen gerade angesagt sind, und sie bei deren Nutzung unterstützen. Zudem gibt es die Digital Ambassadors, zu denen Mitarbeiter verschiedener Abteilungen und Teams gehören und die sich regelmäßig treffen, um sich über Trends auszutauschen und diese in ihre Abteilungen tragen. So werden auch Innovationen angestoßen.

19.10.2019    Madeline Sieland
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