Ein Portrait von Jan Brecht
20.12.2019    Vanessa Rusert
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Geht es um Innovation, will Daimler an die Spitze. Lange war die Softwareentwicklung des Automobilherstellers outgesourct. Heute ist sie, zumindest teilweise, zurück im eigenen Haus – und spielt im vernetzten, autonomen und elektrischen Morgen eine wichtigere Rolle als je zuvor. Jan Brecht, CIO der Daimler IT, über neue Projekte und Konkurrenten.

Zur Person

Portrait von Jan Brecht

Jan Brecht

ist seit 2015 CIO von Daimler. Er verantwortet die globale IT für alle Geschäftsbereiche, Marken und Märkte. Zuvor war er bei Adidas, zuletzt als CIO & Head of Global Supply Chain, zuständig für IT und Logistik

DUB UNTERNEHMER-Magazin: Wie sieht die Strategie von Daimler perspektivisch aus? Wo liegen Ihre Prioritäten?

Jan Brecht: Mit dem Begriff CASE haben wir bei Daimler die Themen zusammengefasst, die maßgeblich die Zukunft unseres Konzerns beeinflussen werden: Connected, Autonomous, Shared and Services und Electric. Als IT sind wir ein wichtiger Teil dieser Zukunftsthemen, denn die Grundlage der neuen Mobilität sind Daten. Für die Umsetzung haben wir unter anderem fünf IT-Prioritäten definiert, die uns helfen, „#TwiceAsFast“ – also doppelt so schnell – zu werden sowie kürzere Entwicklungszyklen zu etablieren. Dazu zählen beispielsweise der Fokus auf eine API-basierte IT-Architektur, DevOps und Cloud sowie Free und Open Source Software.

Entwickelt sich Daimler, parallel zum herkömmlichen Geschäft, notwendigerweise zu einem Softwareunternehmen?

Brecht: Klares Ja. Wir erweitern unser Geschäftsmodell um die Service- und Dienstleistungskomponenten rund ums Auto. Dadurch gewinnen wir mehr Kunden – vor allem solche, die keinen Mercedes fahren. In der IT ergeben sich somit neue Aufgaben: Wir sind dabei, die Daten und Applikationen rund um Kunde und Fahrzeug zentral in einer Customer-and-Car-Platform zu bündeln.

Und damit stellen Sie sich der Konkurrenz von Amazon, Google und Co.

Brecht: Richtig, in diesem Zuge entwickeln sich digitale Unternehmen stärker zu Konkurrenten für uns, vor allem in Bezug auf Schnelligkeit. Sie haben es verstanden, ihre Organisation agil aufzustellen, digitale Produkte konsequent auf den Kunden auszurichten und damit deutlich schneller zu liefern. Das ist ein wesentlicher Wettbewerbsvorteil. Deshalb ist uns „#TwiceAsFast“, wie bereits angesprochen, so wichtig.

Daimler setzt auf Themen wie Blockchain. Unter anderem haben Sie eine Finanztransaktion mit der Universalbank LBBW mittels Blockchain realisiert. Planen Sie, diese Technologie auch in anderen Bereichen zu nutzen?

Brecht: Der Wissensaufbau und Erfahrungsaustausch ist hier ganz entscheidend. Für uns birgt die Technologie ein Potenzial in der Nische: Sie kann Vorgänge vereinfachen und damit für einige Geschäftsmodelle disruptiv wirken. Deshalb engagieren wir uns in verschiedenen Projekten, darunter mit der LBBW beim Thema Schuldscheindarlehen. Ein anderer, ganz aktueller Use-Case: Wir haben einen Blockchain-Prototyp für nachhaltige Lieferketten entwickelt. Darüber lassen sich die Weitergabe und Bestätigung unserer Anforderungen in puncto Nachhaltigkeit an alle Teilnehmer der Lieferkette transparent in der Blockchain weitergeben und festhalten. Solche Anwendungsfälle zeigen die Vielseitigkeit der Technologie. Wir sind sicher, dass sie weitere Potenziale entlang der Wertschöpfungskette bietet. Durch die frühzeitige Auseinandersetzung mit der Technologie und der Beteiligung in der Community können wir sowohl Chancen schneller nutzen als auch Risiken besser bewerten.
20.12.2019    Vanessa Rusert
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