Roboterhand steigt die Performance der digitalen Geldanlage
06.08.2020    Miriam Rönnau
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Digitale Vermögensverwaltung, digitale Geldanlage, Robo-Advisor – ist das alles das gleiche?

„Als Synonym für die digitale Geldanlage spricht man häufig von Robo-Advisor“, sagt Gerald Klein im DUB Business Talk. Doch eigentlich handele es sich um nichts anderes als einen Vermögensverwalter, bei dem die Wissensvermittlung, Beratung und am Ende der Vertragsabschluss online stattfindet – und der klassische Berater somit aus der Wertschöpfungskette herausgenommen wird. „Beaufsichtigt wird das im Übrigen von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin)“, so der geschäftsführende Gesellschafter und Gründer der digitalen Vermögensverwaltung growney. Ein kompetenter Kundenservice sei aber dennoch durch die Wissensvermittlung gegeben, nur nicht in Form einer persönlichen Beratung.

Am DUB Digital Business-Talk nahmen teil:

  • Gerald Klein, geschäftsführender Gesellschafter und Gründer von growney
  • Jürgen Gerleit, Gründer und Geschäftsführer, WMD Capital
  • Sebastian Hasenack, Leiter Vertrieb und Kooperationen, Solidvest

Moderation: Arne GottschalckFinanzredakteur DUB UNTERNEHMER-Magazin

„Robo-Advisor ist ein gänzlich falscher Begriff, der suggeriert, hier würde jemand beraten“, sagt Sebastian Hasenack, Leiter Vertrieb und Kooperationen bei Solidvest. Doch eigentlich ist der Robo ein Instrument, das etwa die regulatorischen Rahmenbedingungen sicherstellt oder die Performance überprüft. Die Entscheidung, was gekauft wird und was nicht, muss der Robo am Ende gar nicht übernehmen.

„Wir sind ein Beispiel dafür, dass die digitale Vermögensverwaltung nicht mit Robo-Advisor gleichgesetzt werden kann“, sagt Jürgen Gerleit, Chef von WMD Capital. Seine digitale Vermögensverwaltung agiert als Vergleichsportal für Kunden, die mindestens 50.000 Euro anlegen möchten. WMD Capital vermittelt dann die Dienste von Privatbanken und Assetmanagern, deren Kundschaft üblicherweise millionenschwer sein muss.

Was sind die Vorteile der digitalen Vermögensverwaltung?

Klein: „Aufgrund des Wegfalls des klassischen Beraters müssen Anleger zwischen 50 und 70 Prozent weniger Gebühren bezahlen – entsprechend höher fällt die Rendite aus.“ Der zweite Vorteil sei die Bequemlichkeit. Nicht nur in Bezug auf den Vertragsabschluss, sondern auch in der Verfolgung der Kapitalanlage sowie der schnellen Anpassung, etwa hinsichtlich der Anlageziele.

„Wir nutzen die Online-Variante und digitale Innovationen bei der Eintrittsschwelle für den Kunden. Die klassische Vermögensverwaltung, die bei DJE Kapital ab einem Anlagebetrag von einer halben Million Euro möglich ist, realisieren wir bei einer ähnlich hohen Qualitätsstufe schon ab 10.000 Euro “, sagt Hasenack. Solidvest agiert als Online-Vermögensverwalter ähnlich wie ein klassischer Geldmanager, indem auf Direktinvestments etwa in Aktien oder Anleihen gesetzt wird und nicht wie viele andere ausschließlich auf börsengehandelte Indexfonds (ETFs).

Wird die Vermögensverwaltung bald komplett digital?

Klein: „Wir haben in Deutschland rund 500 Vermögensverwalter. Nicht alle davon werden digital, aber sicher ein großer Teil von ihnen“, sagt er. Für Gerleit wird ein fließender Prozess stattfinden, der aufgrund der Coronakrise und der daraus resultierenden beschleunigten Digitalisierung derzeit einen Schub erhält, aber bald wohl wieder ins Stocken geraten wird. Laut Gerleit sei Deutschland insgesamt noch weit von einer rein digitalen Vermögensverwaltung entfernt. Das liege auch in dem deutschen Selbstverständnis, auf Versicherungen wie etwa der Lebensversicherung zu setzen, aber weniger auf die Vermögensverwaltung. Er appelliert an die Politik – sie müsse viel stärker die Altersvorsorge mit Unternehmertum verbinden. Vorbilder seien die Schweiz, USA und Australien.

DUB Business Talks

Machen alle digitalen Vermögensverwalter das gleiche?

Die klare Antwort aller Diskussionsteilnehmer: Nein. Zwar bieten alle als Kontakt eben den Computer an, aber was dieser macht, ist von Fall zu Fall verschieden. Grundsätzlich gibt es zwei Modelle. Die einen versuchen, die online eingegebenen Daten wie etwa zur Risikoneigung des Kunden aktiv zu erfüllen, die anderen setzen dazu auf passive Produkte. Passive Produkte bilden meist Aktien- und Anleihenindizes ab. Am Ende des Jahres steht für den Kunden über den Daumen das Ergebnis, das auch die Indizes erreichen. Der aktive Ansatz versucht, bessere Ergebnisse zu erzielen. Etwa durch gezielte Auswahl bestimmter Aktien oder Anleihen oder auch durch Fonds, deren Manager wiederum versuchen, den Index zu schlagen. Passiv-Experte Klein: „Die Menschen lieben den aktiven Ansatz, weil sie glauben, daraus werden die schnellsten Gewinne erzielt.

Wird es bald ein Amazon für die Geldanlage geben?

„Das Thema Plattformen ist zwar spannend, aber funktioniert nicht bei der Vermögensverwaltung“, sagt Hasenack. Das ließe sich am besten mit den Push und Pull-Prinzipien aus dem Marketing veranschaulichen. Pull heißt, Kunden gehen etwa auf Vergleichsplattformen wie Check24 und wissen bereits, dass sie ein Produkt wollen. Einfach wegen des „Habenwollen-Effekts“. „Geldanlage-Produkte hingegen sind derzeit nichts, was gekauft wird. Geldanlage ist etwas, das vertrieben werden muss. Das ist Push“, sagt Hasenack. Umso wichtiger sei es, neue Wege zu gehen, um Kunden das Thema Vermögensverwaltung einfacher und effizienter nahezubringen.

06.08.2020    Miriam Rönnau
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