Unternehmer haben bürokratischen Aufwand und Unsicherheiten in Bezug auf die Coronahilfen vom Staat
27.01.2021    Andreas Busch
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Bei den Corona-Hilfen zeigte sich die Politik im Land kreativ – allerdings nicht bei den Namen. Denn die Programme haben ganz ähnliche Bezeichnungen. Das führt bei Unternehmern oft zur Verwirrung. Der Hauptunterschied zwischen den einzelnen Hilfsprogrammen besteht in ihrem Förderzeitraum. Das erste Programm wurde direkt mit den ersten Maßnahmen zur Einschränkung der Pandemie beschlossen. Ab dem 1. April 2020 gab es die Soforthilfe, die den Zeitraum von April bis Juni abdeckte.

Der Nachfolger war die Überbrückungshilfe I. Dabei handelte es sich um Zuschüsse für betriebliche (Fix-) Kosten im Zeitraum von Juni bis August 2020. Von da an war die Antragstellung nur noch mit einem „prüfenden Dritten“ zulässig. Die Überbrückungshilfe II umfasst die Fördermonate September bis Dezember 2020. Die Bedingungen bei der Antragstellung sind ähnlich wie bei der ersten Phase, jedoch wurden die maximalen Förderbeträge für kleine und mittlere Unternehmen erhöht und die Ansprüche an einen nötigen Umsatzausfall verringert. Die Überbrückungshilfe III können Unternehmen beantragen, die 2020 einen Umsatz von bis zu 750 Millionen Euro erzielten und die in den jeweiligen Monaten November 2020 bis Juni 2021 einen Corona-bedingten Umsatzrückgang von mindestens 30 Prozent im Vergleich zum jeweiligen Monat im Jahr 2019 erlitten haben. Auch Soloselbständige und Freiberufler im Hauptberuf können die Überbrückungshilfe III beantragen. Frist: der 31. August 2021. Unternehmen, die bereits die November- und/oder Dezemberhilfe erhalten, sind nicht antragsberechtigt. Es sei denn, die Anträge wurden zurückgenommen – dann gibt es womöglich Geld.

 Abschlagszahlungen deutlich erhöht

Im November startete der „Lockdown light“ zur Eindämmung des Virus im Land. Um die betroffenen Unternehmen zu unterstützen, wurde die Novemberhilfe geschaffen. Nach der Ankündigung sollte sie ausgefallene Umsätze ausgleichen. Sie gilt für Unternehmen, die durch staatliche Anweisung schließen mussten oder die durch die Schließungen wichtige Kunden verloren haben. Antragsberechtigte konnten eine Abschlagszahlung von maximal 10.000 Euro ausgezahlt bekommen. Diese Unterstützung wurde zwischenzeitlich auf maximal 50.000 Euro erhöht. Die Abschlagszahlungen werden nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums stark in Anspruch genommen.

Mit der Novemberhilfe werden im Grundsatz Zuschüsse von bis zu 75 Prozent des Umsatzes aus November 2019 anteilig für die Anzahl an Tagen der Schließung im November 2020 gewährt. Das EU-Beihilferecht erlaubt eine Förderung von insgesamt bis zu einer Million Euro ohne konkrete Nachweise eines Verlustes. Da der „Lockdown light” verlängert wurde, mussten auch die finanziellen Hilfen für die betroffenen Unternehmen ausgedehnt werden. Die Regierung verlängerte die Novemberhilfe mit der Dezemberhilfe.

Regeländerungen wegen Europa-Recht

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier versicherte, dass die Corona-Hilfen für Selbstständige schnell und unbürokratisch fließen werden. Die Praxis sieht allerdings anders aus. Sie ist komplex und vielschichtig. Zunächst braucht der Antragsteller einen „prüfenden Dritten“, also einen Rechtsanwalt, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer. Dies soll Missbrauch vorbeugen und Falschanträge vermeiden. Und dann wurden die Bedingungen zur Auszahlung rückwirkend geändert – zum Nachteil der Unternehmen. Der Grund war das EU-Beilhilferecht. Alle Beihilfen, die von staatlichen Behörden gewährt werden, wie Zuschüsse, Zinsvergünstigungen oder Steuerbefreiungen, unterliegen beihilferechtlichen Regelungen. Deshalb muss Deutschland die EU-Kommission vor einer Vergabe geplanter Subventionen und anderer Beihilfen von ihrem Vorhaben unterrichten. Die EU-Kommission musste die Beihilfen, also auch die Corona-Hilfen des Bundes, genehmigen.

Seit Anfang Dezember steht nun unter Punkt 4.16 im Kleingedruckten der Bedingungen, die Überbrückungshilfe sei ein „Beitrag zu den ungedeckten Fixkosten eines Unternehmens“. Ein Unternehmen braucht also ungedeckte Fixkosten, muss demzufolge einen Verlust gemacht haben, um die Überbrückungshilfe zu erhalten. Dabei hatten Bundesfinanzminister Olaf Scholz und Altmaier zunächst den Eindruck erweckt, als sei nur der gesunkene Umsatz die Bemessungsgröße für die Erstattung – nicht dass der Staat nur im Falle von Verlusten einspringt. Um den Liquiditätsengpass nachzuweisen, muss für das Unternehmen der Verlust aufwändig ermittelt und über eine Nebenrechnung nachgewiesen werden. Diese Änderung hatte Rechtsunsicherheit zur Folge. So haben die Berater teilweise täglich geprüft, ob die Bedingungen sich erneut geändert haben. Denn sie tragen das Risiko, wenn Regelungslücken entstehen oder ausgezahlte Hilfen wieder zurückerstattet werden müssen. Die Komplexität und die Änderungen der Voraussetzungen machen die Antragstellung sehr zeitintensiv.

Intransparente Kommunikation des Ministeriums

Eine Anrechnung von weiteren Corona-bedingten Zuschussprogrammen des Bundes und der Länder auf die Corona-Überbrückungshilfe findet nur dann statt, wenn sich Förderzweck und -zeitraum überschneiden. So müssen bei der Verlustberechnung andere Corona-Hilfen wie die Novemberhilfe als Einnahmen berücksichtigt werden. Darlehen wie der KfW-Schnellkredit werden grundsätzlich nicht auf die Corona-Überbrückungshilfe angerechnet. Dies alles wird Wirtschaftsministerium jedoch nicht transparent kommuniziert. Bis auf „FAQ“ des Ministeriums, die zu den entscheidenden Fragen nichts hergeben, sind die Betroffenen im Unklaren. Die Bundessteuerberaterkammer kann den Steuerberatern auf ihre Anfragen zum Beihilferecht keine Antworten geben und hat das Ministerium um zeitnahe Klarstellung gebeten.

Schleppende Auszahlung der Corona-Hilfen

Dies hat zur Folge, dass etliche Unternehmen nun entweder gar keinen oder nur noch einen geringeren Anspruch auf die Corona-Hilfspakete haben. Das gilt – Stand jetzt – für die Überbrückungshilfen. Die November- und Dezemberhilfen sind davon nicht betroffen. Ähnlich ist es bei der Überbrückungshilfe III. Zudem werden immer wieder Klagen laut, dass Gelder auf sich warten lassen. Anfang März wurden die Auszahlungen wegen Verdachts auf massive Betrügereien zwischenzeitlich komplett gestoppt.

Zur Person

Porträt von Stefan Buschmann

Stefan Buschmann

ist seit 1997 als Rechtsanwalt und Steuerberater tätig. Heute liegen seine Schwerpunkte auf Gesellschaftsrecht, Steuerrecht, Vertragsrecht und finanzgerichtliche Verfahren. Er betreut vorwiegend mittelständische Unternehmen in sämtlichen handels- und gesellschaftsrechtlichen Belangen

27.01.2021    Andreas Busch
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