Besonders Solo-Selbstständige und kleine Unternehmen wurden teils hart von der Corona-Krise getroffen. Um den Schaden abzufedern, halfen Bund und Länder mit schnellen Finanzspritzen. Alleine in NRW wurden in nur zwei Monaten 430.000 dieser Soforthilfen ausbezahlt.
Doch die Förderungsbedingungen waren oft unklar. Drohen den Kleinstunternehmen und Selbstständigen bald hohe Rückzahlungen? Experte Stefan Buschmann, Rechtsanwalt, Steuerberater und Fachanwalt für Steuerrecht, klärt über die aktuelle Lage auf.
Update vom 12. Oktober 2020:
Corona-Soforthilfen – Muss jetzt zurückgezahlt werden?
Einige Bundesländer hatten bereits im Sommer damit begonnen, von den Empfängern von Corona-Soforthilfen detaillierte Angaben zu den Voraussetzungen und der Verwendung der Gelder zu verlangen, um gegebenenfalls zu Unrecht ausgezahlte Beträge zurückzufordern. Diese Rückforderungen sind vorerst ausgesetzt, da die Bundesregierung und die Bundesländer die Diskussion aufgenommen haben, unter welchen Voraussetzungen eine Rückzahlung erfolgen soll.
Diese Gespräche sind – trotz bisweilen anderslautender Informationen – aktuell noch nicht abgeschlossen. Vor diesem Hintergrund hat sich nach meiner Einschätzung die Ausgangslage nicht verändert: Wer keinen offiziellen Rückforderungsbescheid vorliegen hat, sollte vorerst nichts unternehmen.
In den seltenen Fällen, in denen schon ein solcher Bescheid vorliegt, sollte unbedingt die Hilfe eines Rechtsanwaltes oder Steuerberaters in Anspruch genommen werden, um den Vollzug dieser Forderung zu verhindern beziehungsweise bis zu einer Klärung der allgemeinen Rechtslage aufzuschieben.
Aktuell halte ich unverändert die Rechtsauffassung für vertretbar, nach der einer Aufforderung zur Angabe detaillierter Wirtschaftsdaten nicht nachgekommen werden muss. Das gilt nach meinem Dafürhalten zumindest so lange, wie keine einheitliche Regelung unter Mitwirkung der Bundesregierung hierzu ergangen ist.
Fazit: Ohne Vorliegen eines Rückforderung-Bescheides ist daher vorerst nichts zu unternehmen. Die weitere Entwicklung sollte jedoch regelmäßig geprüft werden.
Wie steht es um die Erleichterungen bei der Insolvenz-Antragspflicht?
Bis zum 30.9.2020 war die Verpflichtung zur Anzeige der Insolvenz dann ausgesetzt, wenn die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung des Unternehmens auf der COVID-19-Pandemie beruhte und eine Beseitigung der bestehenden Zahlungsunfähigkeit nicht aussichtslos erschien. Das galt jedoch nur für solche Unternehmen, die nicht schon bereits am 31.12.2019 zahlungsunfähig waren.
Nun hat der Gesetzgeber beschlossen, dass für den Zeitraum vom 1.10. bis zum 31.12.2020 die Pflicht zur Anzeige der Insolvenz nur noch in den Fällen der Überschuldung eines Unternehmens ausgesetzt werden soll. Die Zahlungsunfähigkeit eines Unternehmens verpflichtet somit den Geschäftsführer – ungeachtet der COVID-19-Pandemie – seit dem 1.10.2020 wieder zur fristgerechten Anzeige der Insolvenz.
Begründet wird diese Handhabung mit dem Hinweis, dass heute zahlungsunfähige Unternehmen mit hoher Wahrscheinlichkeit auch nach dem Ende der Pandemie ihre Tätigkeit nicht wirtschaftlich werden weiterführen können.
Da im Falle der bloßen Überschuldung bei einer positiven Fortbestehensprognose für das Unternehmen keine drohende Insolvenz angezeigt werden muss, eine solche, in die Zukunft gerichtete Prognose aber aufgrund der aktuellen Unwägbarkeiten des Marktes nicht verlässlich aufzustellen ist, sollen diese Unsicherheiten nicht zur Stellung eines möglicherweise nicht erforderlichen Insolvenzantrages verpflichten. Sowohl die bis zum 30.09. und in modifiziert Form nunmehr bis zum 31.12.2020 geltenden Regelungen für die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht überzeugen nicht wirklich:
Eine Corona-bedingte Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung wäre ja nur dann unbeachtlich, wenn das Unternehmen wieder derart erfolgreich agieren würde, dass die vorhandene Unterdeckung zeitnah ausgeglichen werden könnte.
Dieser Umstand mag für manche Unternehmen zutreffen, für weitaus größten Teil der voraussichtlich betroffenen Unternehmen aus den Bereichen Gastronomie, Veranstaltungen, Touristik und so weiter helfen diese Regelung nicht weiter und schieben zu treffende Entscheidungen hinaus. Man darf dem Gesetzgeber daher durchaus eine politische Motivation unterstellen, denn auf diese Weise wird der zu erwartende, dramatische Anstieg an Insolvenzen mit seinen Folgen für die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt in den Zeitraum nach der Pandemie beziehungsweise des Abflauens der Pandemie verschoben.
Fazit: Die zeitweise Aussetzung der Insolvenzantragspflicht dürfte der Gesamtwirtschaft wenig helfen, verhindert aber eine unter Umständen nicht mehr kontrollierbare Zusammenballung der COVID-19-Probleme.