Zwei Cocktails stehen neben Sonnenliegen am Meer
26.03.2021    Stefan Heringer und Dr. Nikolaus Braun
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Vor, während und nach dem Unternehmensverkauf sollten Sie ein paar wichtige Fragen geklärt haben, damit der Traum vom Jackpot nicht zum Alptraum wird: juristisch, finanziell und am wichtigsten: mental.

Was ist eine Unternehmerin ohne Unternehmen?

Die wichtigste Frage: Wenn mein Unternehmen mal verkauft ist, was tue ich dann? Die Annahme, man müsse nach einem Exit einfach nur genügend Geld haben und dann würden sich alle Probleme im Leben von selbst lösen, ist reichlich naiv.

Kolumne Stefan Heringer und Dr. Nikolaus Braun

Sich an den Strand zu legen, am späten Vormittag mit Cocktails anzufangen und am Nachmittag mit den Jungs (und Mädels) auf die Motorjacht – das ist ein Wunschtraum, der vielleicht in der Lottowerbung funktioniert. In der Realität ruiniert man sich damit nicht nur die Gesundheit und den Verstand, man ist vermutlich auch relativ schnell wieder pleite und fällt in ein tiefes Loch. Denn was ist ein Unternehmer ohne Unternehmen? Was passiert, wenn das Baby, in das man so viel Arbeit, Energie, Herzblut, Angst und Zeit investiert hat, nicht mehr da ist?

Sie brauchen also eine klare Vorstellung, eine Vision, was Sie in Ihrer Zeit nach dem Unternehmertum tun. Philosophischer: wer Sie sind. Business Angel? Vollzeit-Philanthrop? Aufsichtsrat? Oder wollen Sie wieder von vorn anfangen und noch mal gründen? Ich würde mir für diesen Klärungsprozess immer einen professionellen Sparringspartner holen.

Auch wenn Sie – meist für zwei, drei Jahre ‒ im ehemalig eigenen Unternehmen als angestellter Manager weiterarbeiten, sollten Sie mit einem immensen Kulturschock rechnen. Das ist zwar häufig unvermeidlicher Teil eines Deals und kann auch sehr spannend sein, unterschätzen Sie aber nicht, was es bedeutet, vom „Bestimmer“ zum Befehlsempfänger in einer Konzernstruktur zu werden. Es gab ja mal einen Grund, warum Sie Unternehmer geworden und nicht Angestellter geblieben sind. Schauen Sie sich daher genau an, wem Sie Ihr Baby anvertrauen.

Es kommt nicht nur auf den Verkaufspreis an

Egal, ob Ihr Unternehmen fünf, 50 oder 500 Millionen Umsatz macht ‒ bei einem Verkauf werden Sie im Regelfall immer der kleinere Partner sein. Ihr Gegenüber wird häufig schon Erfahrungen mit Übernahmen haben und vermutlich von einer renommierten Top-Kanzlei und entsprechenden M&A-Beratern vertreten werden.

Für Sie wird es dagegen vermutlich das erste Mal sein, und vermutlich passt Ihr Unternehmen auch nicht in das Mandantenprofil einer internationalen Großkanzlei. Sie müssen also aufpassen, dass Sie nicht wie ein Stück Plankton von einem Blauwal eingesogen werden. Daher ist es wichtig, dass Sie sich rechtzeitig auf die Suche nach einer Unterstützung umsehen, die nicht nur die nötige Kompetenz in diesem Bereich mitbringt, sondern die auch versteht, was Sie wirklich wollen.

Denn neben dem reinen Kaufpreis gibt es eine ganze Reihe von Themen, die ein naiver Verhandler übersehen kann: Welche Haftungsrisiken trage ich ‒ oder gibt es steuerliche Horrorszenarien? Wie kann ich diese zeitlich und im Umfang begrenzen? Für wie lange muss ich mich nach Verkauf verpflichten? Was passiert, wenn mein Käufer pleitegeht, bevor ich die letzte Kaufpreis-Tranche erhalten habe?

Die finanziell entscheidenden Kernfragen lauten:

  1. Welcher Anteil des Kaufpreises fließt in Cash und wie viel bekomme ich in Anteilen des Käuferunternehmens, also meist als Aktien(optionen)?
  2. Wie viel Geld oder Anteile fließen sofort und wie viel bekomme ich in der sogenannten Earn-out-Phase?
  3. Wann darf ich Unternehmensanteile, die ich als Kaufpreis bekomme, frühestens verkaufen, also: Wie lange sind die Lock-up-Fristen?

 

Da erleben wir in der Praxis als Honorarberater die irrsten Dinge: auf der einen Seite Unternehmer, die ‒ auf einmal völlig risikoavers geworden ‒ voll auf Cash setzen und sich somit um jegliche Versüßung („Sweetness“) bringen, wenn sich das Käuferunternehmen gut entwickelt. Das führt sehr häufig zu Frust und demotiviert, wenn man in den Folgejahren sieht, auf was man alles – meist ohne Not – verzichtet hat.

Auf der anderen Seite Menschen, die ihr jahrelang aufgebautes Unternehmen gegen ein Lotterielos tauschen: Nur ein ganz kleiner Teil des Kaufpreises fließt in Cash, der Rest sind Aktienoptionen, die meist auch noch viele Jahre gehalten werden müssen. Glück auf! Denn auf die Kursentwicklung des übernehmenden Unternehmens hat der Ex-Unternehmer ja fast keinen Einfluss mehr. Das ist völlig unverantwortlich, vor allem, wenn man nicht nur für sich, sondern auch noch für eine Familie verantwortlich ist.

Eine kluge Strategie stellt sicher, dass erst einmal genügend Geld fließt, um die eigene finanzielle Zukunft abzusichern, ohne sich dabei von einer positiven Geschäftsentwicklung abzuschneiden.

Das Programm von „reich werden“ auf „reich bleiben“ ändern

Bei der finanziellen Strategie nach dem Exit gibt es für Unternehmer noch eine entscheidende Klippe: Sie müssen die Art, wie sie bisher über Geld und Risiken nachgedacht haben, entscheidend umstellen. Was meine ich damit?

Unternehmer zu sein, heißt, Risiken einzugehen, mitunter immense Risiken: Marktlücken identifizieren, auf Ideen setzen, die sich erst ex post als genial oder dann doch eher als suboptimal herausstellen, und bei Fehlentwicklungen beherzt umzusteuern. Es sind dieses unternehmerische Handeln und die damit verbundenen Risiken, durch die Vermögen überhaupt erst generiert werden.

Illustration Stefan Heringer und Dr. Nikolaus Braun

Dr. Nikolaus Braun und Stefan Heringer sind die Gründer der Neunundvierzig Honorarberatung. Ihre Kernkompetenz ist die langfristige Begleitung Ihrer Mandanten rund um die Frage wie Vermögen Lebensqualität schaffen kann. Als Vermögensverwalter der Deutschen Wertpapiertreuhand stehen Sie für finanzwissenschaftlich informierte Anlagestrategien. Braun ist zudem Autor des Finanzratgebers „Über Geld Nachdenken“.

Es macht keinen Sinn, nach einem Unternehmensverkauf alles daran zu setzen, immer noch reicher zu werden. Sie müssen nicht der reichste Mensch am örtlichen Friedhof werden. Sie müssen sicherstellen, dass Sie nicht wieder arm werden. Das ist etwas völlig anderes. In den bekannten Worten des Neurologen und Investmentstrategen William Bernstein: „If you won the game, stop playing.“

Das finanzielle Programm nach dem Exit muss deshalb völlig anders aussehen: Wenn es Ihr Ziel ist, finanziell, aber auch zeitlich und örtlich unabhängig zu werden, dann müssen Sie in jedem Fall zumindest so viel Geld in langweiligen Anlagen „hinter die Brandmauer bringen“, dass Ihr Lebensstandard für den Rest Ihres Lebens sichergestellt ist. Auch um diesen Übergang gut zu gestalten, sollten Sie sich einen professionellen Sparringspartner suchen. Denn der mit einer rationalen Kapitalanlage verbundene Kontrollverlust ist gerade für Unternehmer, die gewohnt sind, ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen, schwer zu ertragen.

Und: Wenn Sie dann noch genügend Budget haben, spricht überhaupt nichts dagegen, auch Geld wieder mit hohen Risiken zu investieren: als Business Angel, Venture Capital Investor oder Aufsichtsrat. Und vielleicht werden Sie ja doch rückfällig und gründen noch mal.

Alles Liebe,

Ihr Stefan Heringer und Nikolaus Braun

p.s.: Mehr zum Thema rationale Anlagestrategien, Strategien zum Vermögensaufbau, aber auch darüber, wie Ihr Umgang mit Geld Sie glücklicher machen kann, finden Sie im Blog der Neunundvierzig Honorarberatung und in Nikolaus Brauns Finanzratgeber:„Über Geld Nachdenken“.

Drei weitere Beiträge zum Thema klug entscheiden und Honorarberatung:

 

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