Ein Papierflieger mit einem 10 Euro Geldschein
01.03.2021    Stefan Heringer und Dr. Nikolaus Braun
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1. Zu glauben, ein Verkäufer sei ein Berater

Spätestens seit der Finanzkrise sollte eigentlich auch der Letzte verstanden haben, dass ein Verkäufer kein Berater ist. Immer. Das gilt für Pinocchio-Banker genauso wie für die gut geschulten Damen und Herren von „unabhängigen“ Finanzvertrieben. Gehen Sie da nicht hin. Nie. Auch wenn die scheinbar noch so nett sind. Suchen Sie sich einen Honorarberater oder machen Sie es selbst.

2. Auf Modethemen setzen

In erneuerbaren Energien oder Biotechnologie liegt die Zukunft. Inflation ist was ganz Gefährliches. Die Digitalisierung wird die Welt verändern. Wirklich? Das weiß ich auch, das weiß mein Friseur ‒ und Ihr Friseur auch. Zusammen sind wir jetzt schon vier, und wir sind sicher nicht allein. Eine runde Geschichte ist eine runde Geschichte, aber noch lange keine gute Investmentidee. Denn damit werden Sie fast sicher auf ein heiß gelaufenes Modethema aufspringen. Wenn Sie Unterhaltung suchen, gehen Sie ins Kino, in die Oper oder ins Stadion – wenn das hoffentlich irgendwann mal wieder möglich ist.

Kolumne Stefan Heringer und Dr. Nikolaus Braun

3. Auf die Zahl beim Roulette wetten, die als letztes gefallen ist

Es gibt ungefähr 15.000 investierbare Aktien weltweit, aber mindestens doppelt so viele Fondsmanager. Natürlich muss es nach drei, fünf oder auch zehn Jahren einige geben, die besonders erfolgreich waren. Zufall eben. So, wie beim „Mensch ärgere Dich nicht“ jeden Abend einer die meisten Sechser würfeln wird. Wenn Sie sich an Rennlisten aus Finanzzeitschriften orientieren, kaufen Sie den Fonds, den Sie vor fünf Jahren hätten kaufen sollen. Welchen Sie heute kaufen müssten, erfahren Sie 2025. Zu glauben, der Fondsmanger P. Zwackelmann hätte ein besonderes Näschen, Händchen oder sonst was, ist einfach nur naiv. Das Einzige, was sicher ist, sind die horrenden Managementgebühren von meist annähernd zwei Prozent pro Jahr. Ein weltweit investierender Indexfonds, ein sogenannter ETF, kostet einen Bruchteil davon.

4. Daheim ist es am schönsten

Mein Vater hat bei Siemens gearbeitet, ich fahre einen BMW und meine Oma war schon bei der Allianz versichert. Fast alle deutschen Anlegerdepots sind massiv deutschlandlastig. Dabei macht Deutschland gerade einmal drei Prozent des weltweiten Kapitalmarkts aus. Sie wissen nichts über heimische Unternehmen, was Hunderte von Analysten in New York oder Tokio nicht viel besser wüssten. Eine gute Kapitalanlage ist immer weltweit gestreut und spart sich Risiken aus Einzelwerten oder Wetten auf vermeintlich interessante Branchen.

5. Zu glauben, großartige Algorithmen könnten Verluste begrenzen

Einer der ältesten Hüte bei Vermögensverwaltern ist das Versprechen, in Krisen rechtzeitig aussteigen zu können. Nicht am absoluten Höchstpunkt, aber doch sehr zügig. Dahinter steht fast immer ein Arbeiten mit Risikobudgets. Wenn eine gewisse Verlustschwelle überschritten ist, wird die Reißleine gezogen. Klingt toll, Kunden lieben es. Das Ergebnis ist aber meist ein Desaster. Verkauft wird erst nach einem signifikanten Verlust. Wenn sich die Kurse dann wieder erholen, ist der Anleger nicht mehr mit dabei. Was Verluste begrenzen soll, zementiert diese stattdessen.

6. Seine eigenen Emotionen im Krisenfall unterschätzen

In der Theorie sind Praxis und Theorie dasselbe. In der Praxis nicht. In der Theorie meint jeder, dass er Krisen gut durchsteht und nicht nervös wird. In der Praxis fühlt sich jede aktuelle Krise ganz anders an, als man vorher gedacht hat. Der große Denkfehler: Diesmal sei alles anders. Nein, ist es nicht – es fühlt sich nur anders an. Und zwar sehr, sehr schmerzhaft. In den Worten des Boxweltmeisters Mike Tyson: „Jeder hat einen Plan, bis er einen aufs Maul bekommt.“ Es bleibt Ihnen nichts anderes übrig: Bleiben Sie investiert, halten Sie durch. Solange die freie Marktwirtschaft nicht absperrt, wird sich ein klug aufgestelltes Depot wieder erholen.

7. Sich mit alternativen Fakten die Investment-Welt zurechtbiegen

Sie sind ja nicht gierig? Zwei oder drei Prozent würden Ihnen schon reichen? Da muss es doch was geben, natürlich ohne größere Risiken. Die Wahrheit lautet: In einer Welt, in der der risikolose Zins null ist, gibt es auch zwei Prozent nur mit Risiko. Aus. Auch wenn Ihnen Ihr Verkäufer gern etwas anderes erzählt. Was Sie sich da wünschen, wird die Realität nicht weiter beeindrucken. Wenn Sie es trotzdem ausprobieren, bekommen Sie intransparente Produkte mit netten Geschichten. Alles viel zu teuer und am Ende auch viel zu riskant.

Illustration Stefan Heringer und Dr. Nikolaus Braun

Dr. Nikolaus Braun und Stefan Heringer sind die Gründer der Neunundvierzig Honorarberatung. Ihre Kernkompetenz ist die langfristige Begleitung Ihrer Mandanten rund um die Frage wie Vermögen Lebensqualität schaffen kann. Als Vermögensverwalter der Deutschen Wertpapiertreuhand stehen Sie für finanzwissenschaftlich informierte Anlagestrategien. Braun ist zudem Autor des Finanzratgebers „Über Geld Nachdenken“.

8. Dem Staat die Steuern nicht gönnen

Wollen Sie in einem Land leben, in dem sich die Wohlhabenden hinter Stacheldrahtzäunen einigeln? Ich nicht. Also zahlen Sie Ihre Steuern. Sie sind ein Zeichen, dass Sie vorher etwas verdient haben. Das ist auch besser für Ihr Vermögen. 25 Prozent Abgeltungssteuer – das ist doch schon fast ein Steuersparmodell, oder? Für alles andere gilt: Der Steuervorteil ist immer geringer als die Kosten für das Produkt, das Ihnen helfen soll, Steuern zu sparen. Das gilt für die Lebensversicherung genauso wie für offensivere Steuersparmodelle. Häufig sieht es am Ende so aus: Erst kommt eine (steuerliche) Verlustzuweisung, dann der (reale) Verlust.

9. Geld investieren, das Sie in den nächsten Jahren wieder brauchen

Geld, das Sie am Kaptalmarkt investieren, braucht Zeit. Je mehr Sie davon haben, umso besser. Über zehn oder besser 20 Jahre verlieren alle Aktienschwankungen ihren Schrecken. Was Sie in den nächsten Jahren verbrauchen, dürfen Sie dagegen keinem Risiko aussetzen. Das gilt natürlich erst recht für Ihre eiserne Reserve.

10. Über Ihr Geld in Teilbeträgen nachdenken

Die meisten Anleger suchen eine Lösung für 10.000 Euro hier oder 50.000 Euro dort. Das macht überhaupt keinen Sinn. Denn Finanzprodukte lösen überhaupt keine Probleme. Sie können immer nur Mittel zum Zweck sein: Ihnen zu einem etwas zufriedeneren und schöneren Leben verhelfen. Sie brauchen eine klare, dauerhafte und einfach beherrschbare Strategie für Ihr gesamtes Vermögen. So eine Strategie muss gut genug, aber nicht perfekt sein. Es reicht schon fast, wenn Sie die ganz großen Fehler vermeiden.

Alles Liebe,

Ihr Stefan Heringer und Nikolaus Braun

p.s.: Mehr zum Thema rationale Anlagestrategien, Strategien zum Vermögensaufbau, aber auch darüber, wie Ihr Umgang mit Geld Sie glücklicher machen kann, finden Sie im Blog der Neunundvierzig Honorarberatung und in Nikolaus Brauns Finanzratgeber:„Über Geld Nachdenken“.

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