Eine Illustration von einem Mann, der an einem Schreibtisch sitzt
02.01.2020    Ulrike Feldhusen
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Vollautomatisiert und cloudbasiert: Der digitale Versicherer andsafe aus dem Hause Provinzial NordWest mischt seit Mai 2019 bei den Gewerbeversicherungen mit. Das InsurTech will vor allem onlineaffine Kunden aus dem Bereich der Kleinunternehmen ansprechen. Die Mittel der Wahl: eigenständige Entscheidungsstrukturen und IT-Systeme sowie digitalisierte Kernprozesse, die für eine hohe Umsetzungs- und Reaktionsgeschwindigkeit sorgen sollen. Die Generalbevollmächtigten Christian Brandt und Christian Buschkotte erklären, wie sich das Unternehmen ein halbes Jahr nach Markteintritt im Spannungsfeld zwischen Cloud und Bodenhaftung positioniert.

Zur Person

Portrait von Christian Brandt

Dr. Christian Brandt

ist Generalbevollmächtigter von andsafe. Zuvor war er Hauptabteilungsleiter IT-Betrieb bei der Provinzial

Zur Person

Portrait von Christian Buschkotte

Christian Buschkotte

ist ebenfalls Generalbevollmächtigter von andsafe. Bis zu seinem Wechsel war er Hauptabteilungsleiter für das Geschäftsfeld Gewerbe und Agrar bei der Provinzial

DUB UNTERNEHMER-Magazin: Digitale Gewerbe­versicherer sind noch rar auf dem deutschen Markt. Worin besteht die besondere Herausforderung in der Absicherung gewerblicher Kunden?

Christian Buschkotte: Kunden möchten sich schnell und einfach informieren und ihren effektiven Bedarf klären – möglichst rund um die Uhr. Neben konven­tionellen Offline-Touchpoints bedarf es daher einer Website, die den Informationsbedarf unserer Kunden deckt und ihnen die Möglichkeit bietet, online Versicherungen abzuschließen und zu verwalten. Das kennen wir alles bereits aus anderen Branchen und nutzen es dort intensiv. Aber bezogen auf die eher komplexe Materie „Versicherung“ erscheinen viele bisherige Lösungen nicht eingängig. Genau das wollen wir ändern.

Wie hat sich die Nachfrage nach Gewerbeversicherungen in den vergangenen Jahren verändert?

Buschkotte: Das Verhalten der Offline-Kunden hat sich kaum verändert. Bei dieser Gruppe handelt es sich um Kunden mit dem Wunsch nach persönlicher, oft regionaler Betreuung. Was sich verändert, ist jedoch ihr Anteil an der Gesamtkundenzahl. Die Gruppe der sogenannten hybriden Kunden, die sich offline sowie online mit Informationen versorgen, nimmt signifikant zu. Während der Anteil dieser Gruppe bei Gewerbetreibenden im Jahr 2010 bei rund zehn Prozent lag, wird er mittelfristig zwischen 35 und 50 Prozent liegen. Der Anteil der reinen Online-Kunden soll zudem mittelfristig bei etwa 20 bis 25 Prozent liegen. Hybride wie auch Online-Kunden erwarten eine schnelle digitale Interaktion mit dem Versicherungspartner. Zudem wollen sie jederzeit zugängliche, verständliche Informationen, sodass sie auch im Rahmen einer Selbst­beratung zu guten Ergebnissen kommen. Je nach Kundentyp kann uns dieser jederzeit über den von ihm präferierten Weg ansprechen und erreichen, egal ob über Vergleichsplattformen, die eigene Website, die Vermittler der Provinzial wie zum Beispiel die Sparkassen, ob über Versicherungsvertreter oder -makler.

Private Versicherungsprodukte sind mittlerweile gut vergleichbar. Wie steht es um die Transparenz im gewerblichen Bereich?

Buschkotte: Vergleichsplattformen für Gewerbekunden nehmen immer weiter zu. Heute sehen unsere Kunden bereits Anbieter wie FinanzChef24, Verivox, FinanzScout24 und Gewerbeversicherung24. Auch auf diesen Plattformen sind wir mit unserem Betriebs- und Vermögensschaden-Haftpflichtprodukt vertreten. Unser Ziel ist es, uns dort insbesondere als Leistungs­sieger beziehungsweise Preis-Leistungs-Sieger zu positionieren. Insofern ist das Angebot für Gründer und Gewerbetreibende bereits sehr gut ausgebaut.

Warum haben Sie sich für den Vertriebsweg über Vergleichsportale entschieden?

Buschkotte: Wir stellen uns gern dieser Herausforderung. Natürlich können wir hier unsere Vorteile als digitaler Anbieter ausspielen und sehr oft eine der Top-Platzierungen einnehmen. Sowohl in Bezug auf den Preis als auch auf die Leistung.

Gewerbeversicherungen galten lange als komplexe Policen. Bei Ihnen soll es vom Klick bis zur Versicherung nur Minuten dauern. Wie ist das möglich?

Christian Brandt: Wir arbeiten iterativ, immer wieder und fortlaufend mit Kundentests. Wir nehmen sowohl die Produktlösungen als auch die Antrags- und Beratungsstrecken und probieren diese mit poten­ziellen Kunden aus. Alles, was zu lange dauert, zu unverständlich oder aus Kundensicht intransparent und nicht nachvollziehbar ist oder sich komplex anfühlt, wird nicht weiterverfolgt. So gewinnen wir schnell Erkenntnisse darüber, ob wir auf dem richtigen Weg sind. Uns sind Kundenfeedbacks sehr wichtig, um ganzheitlich auf die Kundenbedürfnisse eingehen zu können. So verstehen wir Kundenzentrierung. Ein Beispiel: Für viele Kunden war es unverständlich, warum eine übliche Betriebshaftpflichtversicherung ­über sogenannte Sublimitierungen verfügt und es somit neben der gewählten Versicherungssumme für bestimmte Positionen eine darunterliegende Summe gibt, die abweichend versichert gilt. Seither verzichten wir auf diese Differenzierung.

Sie bauen nicht auf ein klassisches IT-Rechenzentrum, sondern beziehen sämtliche Dienste aus der Cloud. Worin liegen die Vorteile?

Brandt: Die Cloud liefert für andsafe rasch und flexibel eine gut skalierbare Infrastruktur. Sie stellt fertige Bauteile und Anwendungen bereit, welche die Entwicklungsgeschwindigkeit spürbar steigern. Unsere Kunden und Vertriebspartner versorgen wir so mit State-of-the-Art-Technologie – im Wettbewerbsumfeld eine wesentliche Basis für unsere digitalen Produkte, exzellenten Preise und einfachen Prozesse.

Wie können Sie gewährleisten, dass die Daten Ihrer Kunden in den „virtuellen Rechenzentren“ gut geschützt sind?

Brandt: Die von uns genutzten Rechenzentren stehen in Deutschland, und die Daten werden dort verschlüsselt gespeichert und verarbeitet. Die Größe der Cloud-Rechenzentren erlaubt den Betreibern, mehr in Sicherheit zu investieren, als dies bei klassischen Rechenzentren möglich wäre. Wir verwenden zudem grundsätzlich Zwei-Faktor-Logins, führen regelmäßige Penetrationstests durch, haben ein umfassendes Informationssicherheitsmanagement aufgebaut und setzen die hohen Datenschutzmaßstäbe der Provinzial NordWest an.

Mit der Provinzial NordWest hat andsafe einen starken Investor an der Seite. Wie profitieren Sie und wie Ihre Versicherten von dieser Partnerschaft?

Brandt: Grundsätzlich verfügen wir über unser eigenes Geschäftsmodell, unsere eigene IT und unsere eigene BaFin-Zulassung. Dennoch ist es sehr wertvoll, an der langjährigen Erfahrung des Provinzial-Nord-West-Konzerns zu partizipieren. Natürlich hat ein Kunde sehr viel mehr Vertrauen in ein Start-up mit diesem Background.

Policen werden, etwa durch Trackingmodelle, immer individueller auf die Kunden zugeschnitten. Hebelt diese Entwicklung nicht den Kollektivgedanken der Versicherung aus?

Buschkotte: Nein, das grundsätzliche Versicherungsprinzip ändert sich durch die breitere Datenbasis nicht. Die individuelle Verhaltensanalyse eines einzelnen Versicherungsnehmers muss nicht im Kontrast zum Risikoausgleich in der Gemeinschaft stehen. Aller­dings wirkt die digitale Vernetzung nicht allein technisch oder mathematisch, sie verändert die gesamte Gesellschaft und so das Verhalten und die Anforderungen unserer Kunden. Darauf reagieren wir mit andsafe.

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