04.02.2020    Martin Hintze
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„Ich bin überzeugt, dass wir vor einer fundamentalen Umgestaltung der Finanzwelt stehen.“ Diese Worte stammen von Larry Fink, dem Chef des weltgrößten Vermögensverwalters Blackrock. Der US-Konzern betreut etwa sieben Billionen US-Dollar an Kundengeldern – knapp das Doppelte der jährlichen Wirtschaftsleistung Deutschlands. „Der Klimawandel ist zum entscheidenden Faktor für die langfristigen Aussichten von Unternehmen geworden“, schrieb Fink Mitte Januar in seinem jährlichen Brief an die CEOs und Aufsichtsräte jener Unternehmen, an denen der Wall-Street-Gigant beteiligt ist. Doch wie eine Umfrage der Fondsgesellschaft Fidelity unter Bundesbürgern erbrachte, fühlen sich diese bislang in Sachen nachhaltiger Investments nicht richtig beraten und hegen Ängste hinsichtlich möglicher Renditeeinbußen. Umweltaspekte bleiben bei der Anlage außen vor.

Finks eindeutiger Appell: Wenn die Konzerne sich nicht klar zu ökologischen und sozialen Faktoren sowie zu einer nachhaltigen Unternehmensführung (Environment, Social, Governance – kurz ESG) bekennen, droht ihnen auf den Hauptversammlungen Gegenwind. Ganz konkret: Bis 2025 werde Blackrock Aktien von Unternehmen verkaufen, die mehr als 25 Prozent ihres Umsatzes mit der Produktion von Kohle verdienen. Davon gibt es reichlich im Portfolio des Vermögensverwalters. Laut der Non-Profit-Organisation Sierra Club gehört Blackrock zu den größten Kohle-, Öl- und Gas-Investoren der Welt.

Nachhaltige Fonds: Volumen rauf, Kosten runter

Larry Fink will sich als Vorreiter für den Wandel der Finanzindustrie positionieren. Ein schlauer Schachzug, schließlich treibt das Thema Nachhaltigkeit momentan Wirtschaft und Politik gleichermaßen um. Auch die deutschen Vermögensverwalter und Fondsgesellschaften sind auf diesen Zug aufgesprungen. Nach Angaben des Forums Nachhaltige Geldanlagen (FNG) hat das Volumen solcher Investments hierzulande mit 219 Milliarden Euro einen neuen Höchstwert erreicht. Allein 145 nachhaltige Indexfonds (ETFs) stehen Anlegern nach Angaben der Ratingagentur Scope zur Verfügung. Die Hälfte von ihnen wurde erst in den vergangenen zwei Jahren aufgelegt. Zudem sinken die Kosten der Fonds den Analysten zufolge immer weiter. Gute Voraussetzungen also, um Kapital nach ethischen und ökologischen Aspekten anzulegen.

Privatanleger ignorieren ESG-Fonds

Umso überraschender ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage unter 3.240 Bundesbürgern ab 14 Jahren: Kein einziger investiert in nachhaltige Geldanlagen. Die Initiative „Fridays for Future“ und die Aktivistin Greta Thunberg scheinen an den Depots der Deutschen bislang spurlos vorbeizugehen. Am mangelnden Bewusstsein für den Klimaschutz liegt es laut der Umfrage des Marktforschungsinstituts Kantar Emnid im Auftrag der Fondsgesellschaft Fidelity nicht. Vier von fünf Befragten gaben an, in den vergangenen zwölf Monaten den Plastikmüll reduziert zu haben. 61 Prozent verzichteten bewusst auf Flugreisen und mehr als jeder Zweite isst weniger Fleisch.

Woran liegt es dann? Knapp zwei Drittel fordern, dass die Produkte verständlicher werden müssen. Jeder Zweite wünscht sich eine bessere Beratung, zudem soll die Rendite im Vergleich zu konventionellen Fonds nicht abfallen.

Fidelity sieht sich dabei selbst in der Pflicht: „Es ist daher unsere Verantwortung als Finanzindustrie, besser aufzuklären und eine stärkere Überzeugungsarbeit zu leisten. Wir dürfen uns nicht zurücklehnen und warten, bis die Produkte nachgefragt werden. Wir müssen voranschreiten und die Auswirkungen klarer aufzeigen“, sagt Deutschlandchef Alexander Leisten.

04.02.2020    Martin Hintze
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