DUB Gratis-Video-Call mit Professor Dr. Lucas Flöther
10.06.2020    Arne Gottschalck
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  • Brigitte Zypries, Bundeswirtschaftsministerin a. D. sowie
  • Nicolas Rädecke, Geschäftsführer der Deutschen Unternehmerbörse

… im DUB Video-Call darüber, was Selbstständige beim Thema drohende Zahlungsunfähigkeit und in Insolvenzverfahren beachten sollten.

Welche Möglichkeiten haben Unternehmer, gar nicht erst in Insolvenzgefahr zu geraten?

Besonders wichtig sei es, vorausschauend zu planen, rät Flöther. Dies sei allerdings insbesondere bei kleineren Unternehmen oft nicht der Fall. Wenn sich Mahnungen und dann Vollstreckungsbefehle häuften, sei es oft schon zu spät. Und wer beispielsweise neue Geschäfte abschließe oder Aufträge annehme ohne sicher zu sein, zahlungsfähig zu bleiben, begebe „sich schnell in den strafbaren Bereich“, so Flöther. Das gelte auch für die Aufnahme von Darlehen der KfW. „Kredite dürfen nur aufgenommen werden, wenn berechtigte Hoffnung besteht, sie auch zurückzahlen zu können.“ Da Selbstständige bei der Prüfung ihrer Zahlenwerke oft befangen sind, sei es hilfreich, sie von Dritten, etwa einem Berater oder Insolvenzverwalter, prüfen zu lassen – sich also rechtzeitig einen Sparringspartner zu suchen.

Kann das neue „Konjunktur- und Krisenbewältigungspaket“ der Bundesregierung helfen, Pleiten zu verhindern?

Da zeigt sich Zypries eher skeptisch: „Ich bezweifele, dass die Senkung der Mehrwertsteuer um drei Prozentpunkte in der zweiten Jahreshälfte Unternehmen vor der Insolvenz rettet. Was kostet es etwa einen Händler allein, die Kassen zweimal umzustellen?“ Sie fürchtet, dass die Situation nicht so rosig sei, wie vielfach dargestellt. Allerdings relativiert Zypries ihre Bedenken: „Ich bin schon öfter positiv überrascht worden.“

Ist eine Insolvenz als unbedingt negatives Ereignis zu betrachten, bedeutet sie für Selbstständige zwangsläufig ein Stigma?

Da widerspricht Flöther: „Das Insolvenzrecht bietet Möglichkeiten, Unternehmen zu retten.“ Gerade die Einführung des vorgelagerten Schutzschirmverfahrens mit einem Sanierungsplan habe dazu beigetragen, dass Insolvenzverfahren nicht mehr in dem Maß zu einer Stigmatisierung führen wie in früheren Zeiten. Ein solcher Plan, der aufzeige, wie etwa Altlasten in Form von Verträgen aufgelöst und Kredite abgelöst werden, sei dafür allerdings unabdingbar, so Flöther, der mit seiner Kanzlei unter anderem das Insolvenzverfahren von Air Berlin betreut.

Ziel ist es, den Gläubigern eine bessere Option als den Ausfall zu bieten und ihnen deutlich zu machen, dass ihnen ihr Geschäftspartner nach einem Schuldenschnitt erhalten bleibt. Die frühere Bundeswirtschaftsministerin Zypries verweist auf eine insbesondere durch die Start-up-Szene veränderte Einstellung zum Thema Scheitern und die sogenannten „Fuck-up-Nights“, Partys, auf denen Gründer die Ursachen ihres Misserfolgs schildern.

Kann der Verkauf vor oder in der Insolvenz eine Lösung darstellen?

Ja, meint Nicolas Rädecke, Geschäftsführer der DUB Deutsche Unternehmerbörse: DUB ist der Marktplatz für Unternehmensverkäufe und Eigenkapitalfinanzierung. Auf dem Portal finden Unternehmer Käufer oder Investoren. Das können neben Wachstums- auch Kriseninvestoren sein. Rädecke: „Daneben haben wir die DUB Insolvenzbörse gestartet, auf der Firmen aus der Insolvenz gekauft werden können. Unternehmer in der Krise können Investoren ansprechen und dann im Schutzschirmverfahren das neue Kapital investieren. Auf der DUB Insolvenzbörse werden besonders Unternehmen zu finden sein, die mit einem grundsätzlich gesunden Geschäftsmodell operieren, aber durch die Pandemie und deren Folgen in eine Schieflage geraten sind.“ In diese können Investoren in einem professionellen Prozess über den Insolvenzverwalter direkt einsteigen.

Wie wirkt sich die Eröffnung eines Insolvenzverfahren auf die Mitarbeiter aus?

Zunächst einmal so gut wie nicht, erläutert Flöther: Das Arbeitsamt zahle über drei Monate Insolvenzgeld, also Beträge bis zur Beitragsbemessungsgrenze. Der Vorteil für das Unternehmen: Es wird von den Personalkosten entlastet, was bei der Sanierung helfen kann. Vorteil für die Mitarbeiter: „Oft sind ihre Arbeitsplätze nach gelungener Sanierung sicherer als zuvor,“ sagt Flöther.

10.06.2020    Arne Gottschalck
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