23.01.2020    Martin Hintze
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p>Keine Frage, am Thema Klimaschutz kommt kein Unternehmen mehr vorbei, wie die Debatten beim Weltwirtschaftsforum in Davos jüngst gezeigt haben. Nur: Ernst gemeinte Projekte erfordern Investitionen. Woher kommt das Kapital?


„Ob links, rechts oder Mitte – alle haben versagt. Keine Ideologie ist dieses Ziel angegangen und auf dem Weg, eine nachhaltige Welt zu erreichen.“ Die Klimaaktivistin Greta Thunberg ist auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos in dieser Woche mit Spitzenpolitikern und Topmanagern erneut hart ins Gericht gegangen. Sie wirft ihnen Versagen auf ganzer Linie vor. Die Kritik der 17-jährigen Schwedin dürfte sich auch an den US-Präsidenten Donald Trump gerichtet haben. Doch der nutzte seinen Auftritt im Schweizer Skiort vor allem für den Wahlkampf. Die Entwicklung der US-Wirtschaft sei „spektakulär“. Sein Land habe kein Klimaschutzproblem: „Die USA sind sauber und schön“, so Trump.

Die beiden schlagzeilenträchtigen Auftritte in Davos belegen, wie weit oben die Themen Klimaschutz und Nachhaltigkeit auf der Agenda stehen. Auch die Großkonzerne können sich dem nicht entziehen, wie die hitzige Debatte um das australische Kohle-Projekt von Siemens belegt, gegen das Aktivisten von „Fridays for Future“ Mitte Januar demonstriert hatten.

Klimawandel tangiert Mittelstand kaum

Wie aber ist es um den deutschen Mittelstand bestellt? Eine Umfrage der DZ Bank kommt zu einem ernüchternden Ergebnis. Demnach hat nur etwa ein Fünftel der Unternehmen bislang konkrete Maßnahmen ergriffen. Die Auswirkungen des Klimawandels bekommen allerdings schon heute zwei von drei Firmen unmittelbar zu spüren. Bei gut einem Viertel steigt der Energiebedarf, weil beispielsweise die Produktionsanlagen in Hitzeperioden stärker gekühlt werden müssen. Ein Drittel beklagt einen erhöhten bürokratischen Aufwand durch regulatorische Anforderungen der Energie- und Klimapolitik. Ein Hoffnungsschimmer: 14 Prozent der befragten Unternehmen gaben an, klimaneutral aufgestellt zu sein.

Wieso reagieren die Firmen so zurückhaltend? „Einerseits sehen viele Unternehmen noch keine Notwendigkeit für Investitionen in teure Klimaprogramme – insbesondere in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit und teils deutlicher Auftragsrückgänge“, erklärt Uwe Berghaus, Firmenkundenvorstand der DZ Bank. „Auf der anderen Seite hemmt die Bürokratie vielerorts die Umsetzung von Maßnahmen oder den Unternehmen fehlen die nötigen Fachkräfte.“ Befragt wurden 700 Unternehmen mit einem Jahresumsatz von bis zu 125 Millionen Euro.

Klimaschutz kostet Geld

Klimaschutz gibt es jedoch nicht umsonst. Unternehmen, die wirksame Maßnahmen ergreifen wollen, benötigen Kapital. Denn eine umfassende Nachhaltigkeitsstrategie kann beträchtliche Kosten nach sich ziehen. „Zentral ist die Frage: Wie weit ist ein Unternehmen gewillt zu gehen?“, sagt Dirk Schiereck, Leiter des Fachgebiets Unternehmensfinanzierung an der TU Darmstadt. Wenn beispielsweise die Energieversorgung für eine Produktionsstätte nicht mehr mit konventionellem Strom betrieben werden soll, wäre ein Umstieg auf einen grünen Versorger mit erneuerbaren Energiequellen schnell und günstig möglich, so der Finanzierungsexperte. Alternativ kann das Unternehmen aber auch eine Solaranlage auf dem Dach installieren. „Das bedarf zwar einer größeren Finanzierung, kann sich aber langfristig rechnen“, sagt Schiereck. Viel Potenzial sieht der Finanzierungsexperte in nachhaltigen Anpassung der Produktionskette und den dazugehörigen Dienstleistern, aber auch in der Verwaltung.

Banken pochen auf Informationen

Solche Maßnahmen kann ein Viertel der mittelständischen Unternehmen in Deutschland nicht aus der Kasse zahlen. Sie benötigen eine Finanzierung, zeigt eine Umfrage der TU Darmstadt im Auftrag der Finanzierungsplattform Creditshelf. Demnach rangiert das Thema Nachhaltigkeit bei der Finanzierung erstaunlicherweise sogar noch vor den Ausgaben für Forschung und Entwicklung (F+E) und den Investitionen in neue Standorte oder Übernahmen.

Das Engagement für Nachhaltigkeit ist der Studie zufolge nicht nur aus Umweltschutzgründen wichtig, es trägt auch zu einem positiven Unternehmensimage bei: „Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels ist es wichtig, eine positive Reputation auszustrahlen, um Top-Talente anzuziehen. Auch viele Kunden achten verstärkt darauf, dass eine Marke gesellschaftlich akzeptiert ist. Nachhaltigkeits-Investitionen können sich also langfristig als renditestarkes Investment herausstellen“, sagt Creditshelf-Vorstand Daniel Bartsch.

In der Kommunikation mit Geschäftspartnern oder bei Verhandlungen mit Banken wird das Thema auch immer wichtiger. 67 Prozent der befragten Unternehmen gaben an, dass ihre Hausbank bereits Informationen zu Aktivitäten in Sachen Klimaschutz und Nachhaltigkeit gefordert hätte.

23.01.2020    Martin Hintze
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