Portrait von Stéphane Waser
20.06.2019    Arne Gottschalck
  • Drucken

Zur Person

Porträt von Stephane Waser

Stéphane Waser

ist seit 2014 Geschäftsführer von Maurice Lacroix –
und der Kopf hinter der „Aikon“-Baureihe

DUB UNTERNEHMER-Magazin: Überall spricht man von Disruption. Wie trifft sie Ihr Geschäft?

Stéphane Waser: Das Geschäft ist deutlich digitaler geworden. Das spürt die gesamte Branche. Früher präsentierte man alle Uhrenneuheiten auf einer Messe, dann folgten die Bestellungen. Heute stellen wir über das Jahr verteilt 30 neue Uhren auf lokalen Messen und Events vor und unterstützen diese mit gezielten digitalen Aktivitäten, etwa auf Social Media.

Besteht so nicht die Gefahr der Überbeschleunigung? Immerhin sind Schweizer Uhren etwas Beständiges.

Waser: Das muss man sicher im Hinterkopf haben. Mit unseren 30 Neuvorstellungen im Jahr fahren wir recht gut. Und das eben oftmals digital. Die Messe mit dem großen einmaligen Feuerwerk nutzen wir immer weniger.

Bei den Zahlen heißt das ja wohl auch, den Produktzyklus kräftig zu verändern. Haben Sie in dieser Hinsicht ein Vorbild, etwa die Autobranche?

Waser: Ich sehe hier eher die Textilbranche, die sehr effizient in diesen Zyklen arbeitet.

Das spanische Unternehmen Inditex mit der Marke Zara als Vorbild für die Schweizer Uhrenindustrie?

Waser: In Ansätzen. Warum nicht? Wir wollen unsere Kunden über das Jahr verteilt mit Uhren und Innovationen begeistern. Wir sind viel bunter, viel rascher geworden. Die jungen Menschen posten ja schneller etwas auf Instagram, als ich schreiben kann. Aber egal auf welchem Weg: Wichtig ist es, immer die Kunden mitzunehmen. Wir wollen uns schließlich mit ihnen verbinden. Deshalb müssen wir ihnen aber zugleich vermitteln, dass Schweizer Uhren für Langlebigkeit und Qualität stehen.

Auch für Nachhaltigkeit?

Waser: Ja, wobei für uns die Qualität im Vordergrund steht.

Ist das so einfach? Immerhin bieten Smartphone und Co. ebenfalls die Funktion der Anzeige einer Uhrzeit.

Aikon Mercury von Maurice Lacroix

Zeit-Geistig: Maurice Lacroix zeigte zu Jahresbeginn seine neue Aikon Mercury. Auch für dieses Modell ist der Weg ins Digitale wichtig

Waser: Momentan ist das eine gute Herausforderung. Vom Kopf her sind mechanische Uhren zwar nicht nötig. Aber sie vermitteln ein Gefühl. Ein Gefühl von Wertigkeit, aber auch von Zeit. Das ist so ähnlich wie bei Schallplattenspielern oder bei höherwertiger Kleidung. Wenn Sie ein Chanel-T-Shirt kaufen, wissen Sie, dass die Qualität besser ist als bei Billigangeboten. Das ist für die nachwachsenden Kunden immer wieder ein Lerneffekt, weshalb wir auch nah an ihnen dran sein müssen.

Wie viel Radikalität vertragen Uhren?

Waser: Nicht zu viel. Das zeigt die Praxis immer wieder. Änderungen müssen graduell erfolgen. Die Leute wollen keine starken Veränderungen. Es gibt ja durchaus immer wieder radikale Entwürfe, aber das läuft nicht.

Und was läuft?

Waser: Vintage zum Beispiel, die entsprechenden Uhren sind sehr gefragt. Hipster sind übrigens qualitäts- und auch markenbewusst. Ein Beispiel für die Weiterentwicklung: Mit unserer neuen „Aikon Mercury“ steigt man aus der Zeit aus, die Zeiger schwingen frei und setzen sich erst wieder beim Ablesen der Uhrzeit zusammen. Das hat etwas Spielerisches, ­ändert aber nichts an der Funktionalität.

Was ist schwieriger: eine neue Uhr zu entwerfen oder ein Modell anzupassen?

Waser: Das Anpassen! Nehmen Sie ein-
mal eine „Submariner“; die wird immer wieder angepasst. Man darf die alten Freunde nicht verprellen, muss aber auch das Interesse neuer Kunden wecken. Das ist immer ein Balanceakt. Mehr neue Uhren? Nein, dadurch würde man die Aufmerksamkeit der Kunden verlieren. Und weniger? Das könnte untätig wirken.

Etwa 80 Prozent Ihrer Kunden sollen Männer sein. Stimmt das?

Waser: Die Richtung stimmt schon, aber es ändert sich gerade etwas. Das ist das Gleiche wie bei Oldtimern, einer Mercedes Pagode oder einem Porsche 911 SC. Lange war das ein reines Männerhobby. Inzwischen finden sich da immer mehr Frauen. Es ist eben einfach hübsch, eine hochwertige Armbanduhr zu haben und zu tragen. Bei uns liegt der Frauenanteil daher inzwischen bei 35 Prozent und steigt weiter.

Wo steht Maurice Lacroix in zehn Jahren?

Waser: Im Großen und Ganzen werden wir dieselben bleiben: effektiv in Sachen Preis, innovativ und auf Handwerkskunst setzend.

Letzte Frage: Was bedeutet Zeit für Sie?

Waser: Sie ist vor allem kostbar. Wir scheinen so viel davon zu haben, aber haben sie doch nicht. Als ich vor 20 Jahren begann, da gab es noch Memos und Faxe. Eigentlich das Gleiche wie heute, nur langsamer. Und die Arbeit wurde genauso erledigt. Für mich persönlich ist deswegen das Frühstück so wichtig – morgens eine Viertelstunde ganz für mich, bevor ich ins Büro fahre. Und ansonsten bedeutet Zeit, organisiert zu sein. Ich bin nicht gern ein Getriebener, sondern bestimme lieber selbst.

20.06.2019    Arne Gottschalck
  • Drucken
Zur Startseite