Der Relaxchair der 375-Serie von Walter Knoll
04.09.2020    Madeline Sieland
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Zur Person

Ein Portrait von Markus Benz

Markus Benz

Seit 1993 ist der Jurist der
CEO des Polstermöbelherstellers Walter Knoll. Das Unternehmen, gegründet 1865, hat
seinen Stammsitz in Herrenberg bei Stuttgart. Benz und
Möbel – da war doch was?
Richtig: Markus Benz ist der
älteste Sohn von Rolf Benz

Wie definieren Sie Innovation?

Markus Benz: Es muss eine deutlich bemerkbare neue Leistung sein. Nur Optimierung von Bestehendem reicht nicht. Und mit Blick auf Polstermöbel heißt das: Innovation ist die Modulation des Vorhandenem unter dem Blickwinkel des Ungewohnten. Das wäre dann eine ästhetische Innovation. Eine technische Innovation ist etwas anderes. Diese erkennt man daran, ob das Ergebnis patentfähig, also schützenswert ist.

Wie funktioniert Innovation bei Ihnen?

Benz: Ich arbeite grundsätzlich mit den besten Architekten und Designern weltweit zusammen – etwa Norman Foster, Ben van Berkel, Kengo Kuma oder EOOS. Ich suche bevorzugt Designer aus multikulturellen Umfeldern, um aus dem Austausch mit ihnen möglichst viel Inspiration zu ziehen.

Es ist eine Art Faustregel der Transformation: Wer sich dem Wandel nicht stellt, wird irgendwann von disruptiven Entwicklungen aus dem Geschäft geworfen. Sehen Sie diese Gefahr auch in Ihrer Branche?

Benz: Aus meiner Sicht gilt in jeder Branche: Entscheide dich – oder es wird für dich entschieden. Die Digitalisierung findet in der Möbelherstellung genauso statt wie in anderen Bereichen. Wir haben zum Glück kein technisches Produkt, das der Digitalisierung direkt unterliegt. Aber alles, was vor oder nach dem Handwerk kommt, ist sehr stark von der Digitalisierung betroffen.

Wer treibt die Transformation bei Ihnen voran?

Benz: Digitalisierung ist nicht Sache der IT-Abteilung, Digitalisierung ist eine Frage des Kundenerlebnisses. Deshalb müssen Marketing und Vertrieb das Thema forcieren. Ein mo­derner Vertriebsmitarbeiter muss sich also moderne Vertriebstools ausdenken beziehungsweise mit ihnen umgehen können, wenn er sie zur Verfügung gestellt bekommt. Abwarten ist keine Option mehr. Als etwa Social Media damals aufkam, haben wir die Risiken und Chancen der Nutzung noch ausgiebig gegenei­nander abgewogen. Heute lege ich Risiken und Chancen nicht mehr übereinander. Denn das größte Risiko ist es, nichts zu tun

Wo sind Sie inzwischen für den Kunden sichtbar digitaler geworden?

Benz: Wir haben uns zunächst darauf fokussiert, Endkunden, Händlern und Architekten möglichst viele Daten bereitzustellen – von Produktinfos über Bilder und Videos bis hin zu den Modell- und Preisvarianten eines Möbelstücks. Dabei setzen wir auf das Planungs-Tool pCon. Es ermöglicht mithilfe des Smartphones Instant Augmented Reality. Und das heißt: Ich kann mir einen Sessel oder Tisch oder die komplette Zimmereinrichtung in der App zusammenstellen und sie dann als 3-D-Ansicht quasi in den Raum beamen und zum Beispiel noch einmal die Farben variieren. In dem Moment, in dem die Wunsch-Einrichtung individuell gestaltet ist, liegt auch der Preis bereits vor.

Und theoretisch müsste der Kunde nun nicht mehr ins Möbelhaus...

Benz: Den Kunden über digitale Wege ansprechen, auf diese Weise früh in die Beratung einsteigen, ihm das Produkt erklären – das ist Schritt eins. Aber unser Ziel ist es immer, den Kunden in den Handel zu bekom­men, wo er das Produkt physisch erleben kann. Denn die virtuelle Realität muss mit der realen Qualität nicht viel gemeinsam haben. Und: online Schuhe zu bestellen und sie zurückschicken, wenn sie nicht gefallen – das ist das eine. Aber wenn Sie sich ein Produkt individuell konfiguriert haben, gibt es kein Retou­renrecht. Man muss sich also gut überlegen, ob man für ein paar Tausend Euro Möbel bestellt, die man nie gesehen hat.

04.09.2020    Madeline Sieland
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