02.03.2020    Christian Domke-Seidel
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Coronameldungen kommen aktuell im Sekundentakt. Unentwegt tickern die Liveblogs, und an der Börse lösen sich Milliardenwerte auf. Seit der Coronavirus als globale Bedrohung erschien, sank die Marktkapitalisierung weltweit um drei bis fünf Billionen Dollar – je nachdem, welcher Quelle Anleger glauben mögen. So oder so: Das ist eine Zahl mit zwölf Nullen. Allein die Verluste des Dax waren zwischenzeitlich so groß wie zuletzt 2011, als Griechenland in die Krise rutschte. Die Lufthansa-Aktie etwa sackte auf ein Dreijahrestief ab.

Starke Verluste an der Börse

In Europa wuchs die Angst rund um den Virus vor allem, als die ersten Meldungen von Infektionen aus Italien kamen. Waren die Probleme noch vor wenigen Tagen weit weg in China, standen sie plötzlich vor der Haustür. Trotzdem fand das ZDF-Politbarometer jüngst heraus, dass aktuell nur 34 Prozent aller Bundesbürger einen starken Schaden für die Weltwirtschaft für wahrscheinlich halten. Wie besorgt die Menschen tatsächlich sind, variiert allerdings je nach Umfrage. Bei Erhebungen von Ipsos sind es  62 Prozent.

Doch schon jetzt sind auch hierzulande die Schäden nicht mehr wegzurechnen. In der letzten Februarwoche verloren die Aktienmärkte so stark, wie zuletzt in der großen Depression. Trotz Internetblase im Jahr 2000 und der Finanzkrise 2008. Und weitere Rückschläge sind zu erwarten. Denn bald werden kaum noch Containerschiffe Hamburg oder Rotterdam zum Löschen anlaufen, weil in China keine mehr beladen werden. Die Lieferkette wird zumindest in Teilbereichen reißen.

„Schwarzer Schwan“

An den Börsen heißen Phänomene wie der Coronavirus auch „Schwarzer Schwan“. Der steht für ein unkalkulierbares, plötzliches Ereignis, dass schlagartig seine Wirkung entfaltet.

Welchen Einfluss der jüngste Schwarze Schwan auf die Zahlen haben wird, dürfte erst in einigen Wochen klar werden, wenn die großen Unternehmen ihre Bilanzen vorlegen. Es ist davon auszugehen, dass Konzerne wie Lufthansa oder andere Unternehmen der Reisebranche Verluste hinnehmen müssen. Auch Autobauer dürften unter Druck geraten, sie sind auf eine perfekt funktionierende Lieferkette angewiesen.

Die Absagen einiger Messen, wie die Internationale Reisemesse ITB in Berlin, der Autosalon in Genf oder die Uhrenmesse Baselworld, werden an den betroffenen Firmen nicht spurlos vorbei gehen und sind als Vorwarnung zu verstehen.

Manche Unternehmen nutzt der Coronavirus

Doch betrachtet man lediglich die Börse, gibt es auch positive Vorzeichen. Zum einen ist diesmal nicht das gesamte Euro-System betroffen wie noch 2008. Zum anderen gibt es Player, die von den Maßnahmen und Meldungen rund um den Coronavirus profitieren.

Clorox, ein Hersteller von Hand-Desinfizierer und anderer antibakterielle Reinigungsmittel, konnte an der Börse kräftig zulegen. Kein Wunder, seine Produkte sind aktuell gefragt – egal ob in Büros oder privat. Auch Zoom, der Videokonferenz-Spezialist, hat spürbare Zuwächse eingefahren. Das Unternehmen profitiert davon, dass viele Firmen Geschäftsreisen aus Angst vor Infektionen verboten haben. Meetings werden stattdessen online abgehalten. Auch Peloton, ein Heim-Fitnessgeräte-Hersteller mit Live-Cardio-Training, gewann an Wert. Die Kunden wollen so das Fitnessstudio vermeiden, aber trotzdem etwas für Ausdauer und Muskeln tun.

Zusammengefasst werden diese Unternehmen im „Stay-at-Home-Index“. Darunter fallen unter anderem auch Netflix (Streamingdienst), Campbell (Dosensuppen) oder Activision Blizzard (Videospiele). Deren Aktienkurse konnte der Coronavirus (bislang) aber noch nicht maßgeblich beeinflussen.

02.03.2020    Christian Domke-Seidel
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