Frau sitzt mit Hund am Schreibtisch
19.02.2020    Kristin von der Wense
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Der deutsche Mittelstand ist im Umbruch, Unternehmer sehen sich ständig mit neuen Herausforderungen konfrontiert. Als aktuell größte Gefahr schätzen sie den Fachkräftemangel ein. Wer sich von anderen Unternehmen abheben will, sollte deshalb mit der Zeit gehen und seinen Mitarbeitern ein familienfreundliches Arbeitsumfeld bieten. Wie genau es in deutschen Büros aussieht, hat KfW Research untersucht.

Die Studie zeigt, dass Homeoffice und Gleitzeit längst keine Fremdwörter mehr sind. Denn: Zwei von drei kleinen und mittleren Unternehmen setzen schon konkrete Maßnahmen um. An erster Stelle stehen flexible Arbeitszeitmodelle. Bei rund einem Viertel der Mittelständler ist das Arbeiten von zu Hause möglich.

Friede, Freude, Homeoffice?

Statt Gruppenkuscheln in der S-Bahn also ein entspannter Hausschuh-Marsch zum Schreibtisch. Statt Filterkaffee aus der laut dröhnenden Industriemaschine gibt es eine Tasse frisch gebrühten Lieblingskaffee. Und statt rhythmischem Tastaturklackern im gesundheitsschädlichen Dezibel-Bereich ist konzentrierte Stille im heimischen Einzelbüro angesagt. Ach, du herrlicher Arbeitsplatz in den eigenen vier Wänden!

Für viele Arbeitnehmer ist das Homeoffice deshalb eine Art Heiliger Gral. Aber ist die Realität wirklich so? Wird mit Netflix und anderen Ablenkungen in direkter Nähe nicht einfach aus dem eigentlichen Arbeitstag eine ganztägige Entertainment-Recherche?

Ganz im Gegenteil, wie eine Studie der Stanford University bereits 2015 herausfand: Die von daheim arbeitenden Mitarbeiter sind 13 Prozent produktiver als ihre Kollegen im Büro. Die Gründe dafür sind die wirkliche Ausnutzung ihrer Arbeitsstunden und die daraus resultierende geringere Zahl an Pausen. Außerdem hat das Arbeiten von zu Hause insgesamt einen positiven Effekt auf die Work-Life-Balance, was besonders am Wegfall des Arbeitswegs und der eigenen Zeiteinteilung liegt.

Je agiler, desto besser?

Also ist die Heimarbeit die Lösung aller Probleme in der Arbeitswelt? Nein, so einfach ist es leider nicht. Die Homeoffice-Mitarbeiter neigen vermehrt zu Überstunden. Insgesamt arbeiten sie dadurch länger als ihre Kollegen und erhalten dafür nur teilweise oder gar keinen Freizeit- oder Lohnausgleich. Was erklärt, warum sich das Arbeiten von zuhause auch negativ auf die Gesundheit auswirken kann. Wie also sollten Arbeitgeber und Arbeitnehmer an die Sache herangehen, um die Vorteile des agilen Arbeitens auszuschöpfen?

Am wichtigsten sind feste Regelungen, die das Verschwimmen der Grenzen zwischen Arbeitszeit und Privatleben minimieren. Notwendig sind auch gesetzliche Rahmenbedingen, wie sie Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) durchsetzen will. Sein Ziel ist, dass alle, die genauso gut von zu Hause aus arbeiten könnten, dies dürfen und tun.

Arbeit 4.0

Festzuhalten ist: Die Umsetzung eines familienfreundlichen Arbeitsplatzes ist nicht von heute auf morgen zu bewältigen. Und es muss neben staatlichen Richtlinien auch ehrliche Dialoge zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern geben.

Der Einsatz lohnt sich aber, wie die Studie von KfW Research belegt. So bestätigen rund 53 Prozent der Mittelständler, die bereits entsprechende betriebliche Maßnahmen umgesetzt haben, dass diese ihnen bei der Gewinnung neuer Mitarbeiter helfen. Ein noch größerer Anteil von 58 Prozent sieht die familienfreundlichen Arbeitsbedingungen als Instrument zur langfristigen Bindung von Fachkräften. Von einer familienfreundlicheren Personalpolitik profitieren folglich nicht nur die Beschäftigten, sondern auch die Unternehmen.

19.02.2020    Kristin von der Wense
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