12.02.2020    Madeline Sieland
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Facebook für die Neukundenakquise in der Industrie nutzen? Funktioniert nicht, sagen viele Marketingverantwortliche. Funktioniert in manchen Branchen sogar sehr gut, betont Daniel Rexhausen, Geschäftsführer von Dimarcon. Das Unternehmen ist spezialisiert auf die Leadgenerierung im B2B-Bereich. Rexhausen experimentiert dabei immer wieder mit neuen Ideen. So arbeitet er aktuell mit Universitäten und Forschungseinrichtungen an Möglichkeiten, mithilfe von Künstlicher Intelligenz die Kampagnenperformance zu verbessern. Drei bis vier Jahre werde es noch dauern, bis man so weit ist, sagt er. Getestet werden diese Ansätze dann – wie alle neuen Konzepte – erst einmal in seinem Unternehmen.

Zur Person

ein Portrait von Daniel Rexhausen

Daniel Rexhausen

hat 1991 Dimarcon gegründet. Das Unternehmen ist im Rahmen des Förderprogramms „go-digital“ des Bundeswirtschaftsministeriums autorisiert, Mittelständler zu beraten und bei der Beantragung von Fördermitteln zu helfen

Warum testen Sie neue Ideen zunächst in Ihrem Unternehmen?

Daniel Rexhausen: Mercedes testet eine Neuentwicklung doch auch erst ausgiebig, bevor das Auto auf die anspruchsvolle Kundschaft losgelassen wird. Wir sind in einem relativ kleinen Markt mit einer begrenzten Zahl an Kunden tätig. Da können wir uns keine Fehlgriffe erlauben, jeder Schuss muss sitzen. Deshalb testen wir neue Ansätze zuerst bei uns.

Wie haben sich die Kundenansprache und Neukundengewinnung im B2B-Bereich durch die Digitalisierung verändert?

Rexhausen: So wirklich viel hat sich noch nicht verändert. Viele Unternehmen setzen nach wie vor auf die wenig steuerbaren Neukundenquellen Messe und Weiterempfehlungen von Bestandskunden. Die meisten Firmen haben eine Website, betreiben vielleicht ein bisschen Suchmaschinenmarketing und glauben, damit alle Möglichkeiten ausgeschöpft zu haben. 

Was verspricht denn mehr Erfolg?

Rexhausen: Marketing-Automations-Konzepte, bei denen der potenzielle Kunde verhaltensbasiert zu dem Zeitpunkt angesprochen wird, an dem er echtes Interesse an einem Produkt oder einer Lösung hat. Dann freut er sich sogar über einen Anruf und empfindet ihn nicht mehr als lästige Kaltakquise. Generell gilt: Wir arbeiten mit Kunden an Konzepten, die digitale Ansätze mit menschlicher Interaktion kombinieren. Schließlich sind die Produkte und Projekte technisch häufig sehr anspruchsvoll. Da wäre ein rein digitaler Ansatz – anders als bei vielen Konsumgütern – falsch.

Aktuell wird viel über eine nachlassende Dynamik in Deutschland diskutiert. Welche Auswirkungen hätten wirtschaftliche Probleme auf Ihr Unternehmen?

Rexhausen: So blöd das klingt: Für uns brechen damit goldene Zeiten an. Wir helfen Kunden dabei, mehr Umsatz zu erzielen. Wenn das Unternehmen azyklisch investiert, ist jetzt die Zeit, Investitionen in Marketing und Vertrieb aufzustocken. Im Prinzip weiß das jeder BWL-Student, nur handeln die meisten Chefs nicht so. Unternehmer denken viel langfristiger und haben häufig Vorkehrungen für die nächste Rezession getroffen. Bei angestellten Managern sieht das leider oft anders aus. Schauen Sie sich die Automobilzulieferer an. Zehn Jahre volle Auftragsbücher, Expansion ohne Ende und dann der „Schock“ durch Klimawandel und alternative Antriebe. Da haben es sich viele ein bisschen zu gemütlich gemacht, es wurden Managementfehler begangen. Marktführer werden in kon­trahierenden Märkten gemacht. Ein amerikanischer Freund von mir hat den Leitspruch: „Never waist a good recession!“

Sie spielen aktuell mit dem Gedanken, nach Nordamerika zu expandieren. Warum?

Rexhausen: Damit bieten wir unseren amerikanischen Kunden einen Brückenkopf nach Europa. Zudem rennen wir mit unseren Ansätzen in den USA und Kanada offene Türen ein. Bei Marketing und Sales ist Nordamerika einfach ein paar Jahre weiter. Lead­generierung über digitale Kanäle betreibt dort jeder Mittelständler, in Europa ist das oft noch Neuland. Ein Amerikaner versteht nicht unbedingt, warum in der deutschen Tochterfirma ein siebenstelliger Betrag für eine Messe mit ungewissem Ausgang investiert wird, man sich aber davor scheut, 50.000 Euro in die Digitalisierung der Leadgenerierung zu investieren.

Wie definieren Sie persönlich Innovation?

Rexhausen: Innovativ zu sein bedeutet für uns, Dinge besser zu machen als in der Vergangenheit, Etabliertes regelmäßig zu hinterfragen und nach einer besseren Lösung zu suchen. Nicht falsch verstehen: Es geht nicht darum, jede Woche das Unternehmen auf links zu drehen. Es muss nicht immer gleich die radikale Abkehr vom Alten sein. Wir streben eher graduelle, kontinuierliche Verbesserungen an, da große Innovationen in Marketing und Vertrieb für unsere mittelständisch geprägten Kunden oft auch budgetär schwer darstellbar sind.

Wie fördern und organisieren Sie das Thema Innovation in Ihrem Unternehmen?

Rexhausen: Wir pflegen einen engen Austausch mit Forschungsinstituten. Unser Beirat Mark Elsner ist Professor für digitales Marketing an der Universität Wiesbaden, wir arbeiten unter anderem für das Fraunhofer-Institut. Wenn wir neue Mitarbeiter einstellen, suchen wir unangepasste Menschen, die Dinge hinterfragen, keine Ja-Sager. Das schreiben sich zwar viele auf die Fahne, die Realität sieht dann aber oft eher nach Konsenskultur aus. Ein inhaltliches Gefecht mit einem Mitarbeiter über den richtigen Weg muss man als Unternehmer auch mal aushalten können. Viel geht meiner Meinung nach auch vom Unternehmer selbst aus. Wenn bei uns über mehrere Wochen nichts Neues passiert, werde ich unruhig.

12.02.2020    Madeline Sieland
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