Polaroid Mitarbeiter divers
28.10.2020
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Obwohl 2016 in Deutschland das Gesetz zur Frauenquote in Unternehmensführungen in Kraft getreten ist, sind Frauen in Führungspositionen nach wie vor systematisch unterrepräsentiert; das zeigt eine Studie des Bundesministeriums für Justiz. Der Female Founders Monitor ergänzt: Es hapert nicht nur auf Führungsebene in Dax-Konzernen. Auch Gründerinnen sind eine absolute Rarität. Weibliche Teams bauen in Deutschland nur eines von zehn Start-ups auf; nur fünf Prozent der frauengeführten Start-ups haben bisher Investments von mehr als einer Million Euro erhalten.

Es ist unsere Pflicht ein Umfeld zu schaffen, das Frauen fördert und nicht diskriminiert. Und das sowohl aus ethischen als auch aus wirtschaftlichen Gründen. Denn wie eine Studie von McKinsey belegt: Die besten Entscheidungen treffen Führungsteams, in denen Männer und Frauen vertreten sind.

Strukturelle Probleme angehen

Aber machen wir uns nichts vor: Die mangelnde Gleich­berechtigung und Vielfalt in Unternehmen ist ein strukturell gewachsenes Problem. Der erste Schritt zur Veränderung scheitert oft bereits an der Unternehmenssprache. Hierbei stellt sich die Frage: Ist die Kommunikation geschlechtsneutral formuliert?

Tools wie Gender-Decoder helfen, dass sich Männer und Frauen gleichermaßen angesprochen fühlen. Wie wichtig das ist, zeigte eine Studie unter SPD-Mitgliedern. Sie sollten sagen, wen sie sich für das Amt des Bundeskanzlers vorstellen könnten. Die Gruppe, die nur nach einem potenziellen Kanzler befragt wurde, nannte auch nur Männer. Diejenigen, die nach einem Kanzler oder einer Kanzlerin befragt wurden, nannten Männer und Frauen. Sprache prägt also, wie wir denken, was wir sehen und für möglich halten.

Mindestens genauso wichtig ist es zu überprüfen, wie mit Geschlechtsneutralität intern umgegangen wird. Ein Phänomen, das uns davon abhält, ein ausgeglichenes Angestelltenverhältnis zu schaffen, ist das Selection-Bias. Was in der Statistik als Stichprobenverzerrung bezeichnet wird, könnte man allgemeiner als „voreiliges Urteil“ beschreiben. Kurz gesagt: Wir alle sind von diversen Umständen wie unserer Kultur und Erfahrungen geprägt, die unser Urteilsvermögen beeinflussen.

Ob es diese Filterblase im Unternehmen oder Team gibt, kann etwa durch ein Unconscious-Bias-Training aufgedeckt und diese dann nach und nach minimiert werden. Wer nicht gleich für einen Workshop in die Tasche greifen will, wirft einen prüfenden Blick auf die Fakten: Wie viele Frauen sind in Führungspositionen? Wer wurde in den letzten Jahren befördert? Wie sind die Teams hinsichtlich Geschlecht aufgestellt?

Gleich und gleich gesellt sich gern

Eines muss klar sein: Wenn das Top-Management nur oder hauptsächlich aus Männern besteht oder generell ein unausgewogenes Verhältnis im Team herrscht, ist es schwer, weibliche Talente anzuziehen oder zu fördern. Das Sprichwort „Gleich und Gleich gesellt sich gern“ hat seine Daseinsberechtigung. Wer weibliche Talente für sein Unternehmen begeistern will, punktet vor allem mit weiblichen Vorbildern. Dies gilt ebenso für weibliche Gründerinnen. Auch hier gibt es noch viel zu wenige Identifikationsfiguren, die andere in­spirieren, Möglichkeiten aufzeigen und Mut machen.

Schlussendlich ist es so: Von Frauen gegründete Unternehmen erzielen höhere Einnahmen für Investoren – mehr als doppelt so viel pro investiertem Dollar – als von Männern gegründete Unternehmen; so BCG. Bereits bei einer zehnprozentigen Steigerung der Frauenquote im Führungsteam liegt auch der EBIT um 3,5 Prozentpunkte höher, so eine Studie von McKinsey. Lasst uns also bewusst und zielgerichtet Geschlechterparität fördern und somit auch unsere Unternehmen.

Zur Person

Lena Berghaus Entrepreneur First

Lena Berghaus

ist Talent Investor bei Entrepreneur First und ehemalige Director of Talent Services bei Techstars in Indien. Entrepreneur First unterstützt ambitionierte Einzelpersonen bei der Existenzgründung

28.10.2020
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