Laptop und Gehirn
15.12.2020    Madeline Sieland
  • Drucken

„Nichts ist – aus geschäftlicher Sicht – sinnloser als irrelevante Weiterbildung“, sagt Christian Friedrich. Er verant­wortet als Geschäftsführer den Bereich Digital Learning Solutions bei der Haufe Akademie. Für Friedrich ist klar: „Das Gießkannenprinzip hat ausgedient.“ Was er damit meint? Ein Kurs, ein Lernformat für alle in der Hoffnung, möglichst viele Teilnehmer lernen dabei möglichst viel – das war einmal. Individueller und situativer müsse gelernt werden. Und das, so Friedrich, geht am besten integriert in den realen Arbeitskontext.

Zur Person

Christian Friedrich Haufe Akademie

Christian Friedrich

ist Mitglied der Geschäftsführung der Haufe Akademie. Er verfügt über mehrjährige Erfahrung als
CEO und COO bei Digital- und E-Learning-
Agenturen

Wessen Aufgabe ist es, Weiterbildung zu organisieren? Die des Arbeit­gebers oder des Arbeitnehmers?

Christian Friedrich: Arbeitnehmer sind beschäftigungsfähig, wenn sie über Kompetenzen verfügen, die sie im Arbeitsumfeld sinn- und wertestiftend einsetzen können. Und zukunftsfähig ist ein Unternehmen, dem es gelingt, dank dieser Kompetenzen Produkte und Services passend zu den Bedürfnissen im Markt zu entwickeln. Entsprechend hat der Arbeitgeber die Verantwortung, die Beschäftigungsfähigkeit zu sichern und in Weiterbildung zu investieren. Allerdings wäre es zu kurz gedacht, die eigene Beschäftigungsfähigkeit auf den Arbeitgeber zu externalisieren und davon auszugehen, dass der exklusiv dafür verantwortlich ist, diese zu sichern. Der Einzelne muss auch bereit sein, selbst zu investieren. Ein Fachbuch oder ein digitaler Kurs zum Beispiel sind nicht teuer – und können manchmal total spannende Erkenntnisse bringen.

Ob Buch, E-Learning-Angebot oder Präsenzseminar: Am Ende muss das Gelernte von der Theorie in die Praxis überführt werden.

Friedrich: Das ist oft schwierig. Lernen ist kein Event, wird aber häufig so verstanden. Sich zwei Tage zu einem Seminar in einem Hotel zu treffen reicht nicht aus, um in der Praxis etwas zu bewegen. Dann bin ich mit dem Thema vielleicht gerade warm geworden. Allerdings habe ich es noch nicht so verinnerlicht, dass ich handlungsfähig bin, wenn die Situation in der Praxis leicht von der Theorie abweicht. Es muss also gelingen, Lernen und Arbeiten möglichst eng zu verzahnen.

Sie sprechen in diesem Zusammenhang auch vom „Neuen Lernen“. Was hat es damit auf sich?

Friedrich: Ganz vereinfacht gesagt: Es geht darum, Kompetenzen im realen Arbeitskontext ganzheitlich weiterzuentwickeln. Dafür müssen die Infrastruktur sowie die Führungs- und Unternehmenskultur stimmen. Es bringt etwa nichts, wenn ich einen Mitarbeiter in agilen Methoden fortbilde und eine Organisations­struktur habe, die starr und hierarchisch geprägt ist. Denn die lässt agiles Arbeiten gar nicht zu. Wenn – wie in diesem Beispiel – das Umfeld eine Umsetzung des Gelernten unmöglich macht, erzeugt das Frust beim Einzelnen. Und für das Unternehmen ist ein Invest in diese Art der Weiterbildung wertlos.

Wenn am Ende doch das meiste während der praktischen Arbeit gelernt wird: Wofür sind Weiterbildungen dann nötig?

Friedrich: Egal, was meine Aufgabe, meine Rolle im Unternehmen ist – wenn sich das Umfeld etwa im Zuge der Digitalisierung wandelt, gilt: Ich brauche gewisse fachliche Skills als Basis. Denn wenn ich keine Ahnung von etwas habe, kann ich darüber weder intelligent noch kreativ nachdenken. Und damit kann ich auch keinen Betrag zur Zukunftsfähigkeit des Unternehmens leisten.

15.12.2020    Madeline Sieland
  • Drucken
Zur Startseite