Mann mit Schirm in trockener Landschaft
08.07.2020
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Denn Nachhaltigkeit wird hierzulande nicht nur von vielen Stakeholdern gefordert. Sie wird auch mehr und mehr zur gesetzlichen Verpflichtung – etwa mit dem „Green Deal“ der EU oder dem geplanten Konjunkturprogramm zum Neustart der Wirtschaft.

Für Firmen bedeutet das: Sie sollten sich fragen, wie sie auf den Klimawandel reagieren können und was das für ihr Geschäft bedeutet. Diese vier Tipps sind dabei zu beachten:

Tipp 1: Die Klimadebatte analysieren

Ob die Luftqualität in Shanghai oder Plastikmüll im Meer: Vielfach würden in der Klimadebatte solche Umweltprobleme mit dem Klimawandel in Verbindung gebracht, obwohl kein direkter Zusammenhang bestehe – das sagt der renommierte Klimaforscher Prof. Dr. Hans von Storch im KPMG-Podcast.

Das deutet auf eine wichtige Schwierigkeit der Diskussion um den Klimawandel hin. In der medialen Dauerberichterstattung ist es nicht immer leicht, Fakten von irrtümlichen Zuschreibungen zu unterscheiden.

Deshalb ist für Unternehmen essenziell, eigene Recherchen anzustellen. Welchen Einfluss haben durch den Klimawandel bedingte zunehmende Wetterphänomene wie Stürme oder Überschwemmungen auf das Geschäft? Wie sieht der eigene ökologische Fußabdruck aus? Welche Maßnahmen zur CO2-Reduktion sind sinnvoll?

Unternehmen sollten sich zunächst ein Bild machen, wie hoch ihr CO2-Ausstoß und der ihrer Lieferkette ist, erklärt Christian Hell, bei KPMG Head of Sustainability Services Deutschland, im Gespräch mit Klimaforscher von Storch. Im zweiten Schritt stelle sich dann die Frage, wie der Ausstoß reduziert werden kann. Wichtig ist dabei, sich Ziele zu setzen.

Tipp 2: Neue Regulationen im Blick behalten

Derzeit zeichnen sich gleich mehrere politische Vorhaben ab, die die Wirtschaft grundlegend verändern könnten. So gibt es etwa Überlegungen, das EU-Konjunkturprogramm zum Neustart der europäischen Ökonomie grün zu gestalten. Dann wäre die Förderung von Unternehmen auch an ökologische Kriterien geknüpft.

Diese Entwicklung könnte der Auftakt für die noch umfassenderen Klimaschutzpläne der Europäischen Union sein. So zielt etwa der Aktionsplan zur Finanzierung nachhaltigen Wachstums auf die Umlenkung der Finanzströme in klimafreundlichere Wirtschaftsaktivitäten.

Ein Klassifikationssystem, die sogenannte Taxonomie, soll definieren, ab wann eine wirtschaftliche Tätigkeit nachhaltig ist. Darüber hinaus ist unter anderem geplant, Vermögensverwalter und institutionelle Anleger teilweise auf grüne Investments zu verpflichten und eine CO2-Grenzsteuer einzuführen.

Aus diesem Grund sollten Unternehmen die Entwicklungen der Regulationen auf nationaler und europäischer Ebene äußerst genau beobachten. Nur so ist es möglich, sich rechtzeitig auf Neuerungen einzustellen.

Tipp 3: Das Thema Klimawandel gehört auf die Vorstandsebene

Die Tragweite des Klimawandels sollte ihn an die Spitze der Agenda des Vorstands heben. Denn wer sein Unternehmen nicht auf Nachhaltigkeit hin umbaut, riskiert nicht nur seinen Ruf. Es könnte sogar sein, dass der eigene Betrieb aufgrund von Regulationen oder Reputationsschäden langfristig nicht mehr erfolgreich ist.

Deshalb sollten Vorstände und Aufsichtsräte grundsätzlich über das Geschäftsmodell ihres Unternehmens nachdenken. Und zwar im Kontext von Geopolitik, Nachhaltigkeit und Technologie.

Konkret heißt das etwa, die geopolitische Dimension der Klimaschutzpläne der EU zu verstehen und sie vor dem Hintergrund des Handelsstreits zwischen den USA und China zu sehen. Denn derzeit geht ein „decoupling“ der beiden Großmächte vor sich, das die Weltwirtschaft in gegnerische Zonen teilen könnte.

In Verbindung mit einer CO2-Grenzsteuer in der EU könnte das die Wertschöpfung von Unternehmen stark beeinflussen – und etwa bedeuten, dass in Zukunft für eine weltweite Produktion zwei oder drei Lieferketten nötig sind.

In technologischer Hinsicht ist es wichtig, auf nachhaltige Produktionsweisen umzustellen. Modernisierungen sollten heute auf Klimaneutralität abzielen und Innovationen sollten klimatische Veränderungen berücksichtigen, rät Klimaforscher von Storch.

Tipp 4: Das Potenzial des Wandels verstehen

Bei allen Schwierigkeiten hält die Dekarbonisierung der Wirtschaft auch große Chancen bereit. So haben Unternehmen mit Geschäftsideen, die den CO2-Ausstoß reduzieren, bei Kunden, Geldgebern und potenziellen Mitarbeitern exzellente Aussichten. Und nicht nur das.

Klimaforscher Hans von Storch betont: Um den Klimawandel zu lösen, brauche es Technologien, die wirtschaftlich und gleichzeitig klimaneutral sind, und damit weltweit Einsatz finden könnten.

In Zeiten, in denen die Sinnhaftigkeit von Arbeit eine so große Rolle spielt, könnte es wohl kaum einen besseren Anreiz für Unternehmen geben, nach Innovationen zu suchen.

Fazit

Klimaschutz ist heute eine Notwendigkeit für Unternehmen.

Firmen, die sich rechtzeitig darauf einstellen, sichern nicht nur ihre Zukunftsfähigkeit, sondern können sich sogar einen Wettbewerbsvorteil verschaffen.

Zur Person

Portrait: Prof. Dr. Kai Andrejewski

Professor Dr. Kai Andrejewski

ist Regionalvorstand Süd bei KPMG in Deutschland sowie Professor für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, insbesondere International Accounting und Auditing, an der Privaten Hochschule Göttingen

08.07.2020
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