Illustration eines Briefumschlags
01.07.2020    Miriam Rönnau
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Nur auf digitalen Wegen miteinander zu kommunizieren ist nicht immer einfach. Das merken viele dieser Tage deutlich stärker als zuvor – besonders wenn das Zwischenmenschliche fehlt. Zahlreiche E-Mails gehen an Kollegen, Aufgaben werden umverteilt, bei einigen wird die To-do-Liste stetig länger. Gleichzeitig befinden sich viele in Stress­situationen, weil sie etwa Haushalt, Kinder und die oft ungewohnte Arbeit im Homeoffice gleichzeitig managen müssen. Wenn dann auch noch der freundliche Plausch mit Kollegen in der Mittagspause fehlt, kann es schnell passieren, dass E-Mails anders interpretiert werden, als sie gemeint waren. So kommt es zu Missverständnissen, die das Arbeitsklima belasten.

Deshalb gilt es, sich einen Text vor dem Abschicken noch einmal bewusst anzuschauen und zu checken, ob der richtige Ton getroffen wurde. Genau darauf ist das Start-up PRECIRE spezialisiert. Mittels Künst­licher Intelligenz (KI) analysiert dessen Tool PRECIRE impact einen Text und gibt Auskunft über dessen Wirkung. Es wird zudem aufgezeigt, welche Wörter und Formulierungen überarbeitet werden sollten, um die E-Mail auf ein freundlicheres Level zu heben. Denn Freundlichkeit ist, so Thomas Belker, CEO von PRECIRE, ein erster Garant für privaten und unternehmerischen Erfolg. Gleichzeitig weiß er genau: Menschen sind sich der Wirkung von Sprache häufig nicht bewusst und benötigen daher manchmal Unterstützung.

Im Interview erklärt Belker, warum sein Tool gerade in Krisenzeiten sinnvoll ist, vor welchen Herausforderungen er in seinem ersten Jahr als PRECIRE-Chef stand und was ihn an dem Start-up fasziniert.

Zur Person

Porträt von Thomas Belker

Thomas Belker

ist seit Mai 2019 CEO von PRECIRE Technologies. Zuvor war er fünf Jahre als Personal­vorstand der HDI-Gruppe tätig

Sie sind jetzt seit einem Jahr CEO von PRECIRE. Wie blicken Sie auf diese Zeit zurück?

Thomas Belker: Die Wirkung von Sprache ist der entscheidende Erfolgsfaktor für jede soziale Interaktion. Ich selbst habe viel über meine Sprache und ihre Wirkung auf mein Umfeld gelernt. Dass tatsächlich schon ein Jahr bei PRECIRE vorüber ist, fühlt sich gar nicht danach an. Doch klar ist: Mit dem Start-up haben wir uns einem klaren Ziel verpflichtet: freundliche Kommunikation als gesellschaftliches Fundament zu verankern.

Neben vielen Innovationen brachten wir mit Ausbruch der Covid-19-Pandemie ein Kommunikationstool für die Unterstützung von Krisenkommunikation auf den Markt. Was ich jetzt noch einmal gelernt habe: Jede noch so gute Idee stellt nicht gleich das finale, marktreife Produkt dar. Unsere Kunden und ihre Bedürfnisse können wir nicht erahnen. Wir müssen sie einbinden und fragen, was sie brauchen.

Was fasziniert Sie an PRECIRE?

Belker: Ich habe mich gefragt, was der wichtigste Erfolgsfaktor für Veränderungen in den 2020er-­Jahren ist. Ich bin überzeugt davon, dass es um die Sprache und ihre Wirkung geht. Wir wissen: Eine freundliche Sprache hat einen ganz entscheidenden positiven Einfluss darauf, wie wir als Persönlichkeit wirken und wie erfolgreich wir beim Erreichen unserer Ziele sind. Allerdings unterschätzen wir im Alltag oft die Konsequenzen unserer kommunikativen Wirkung auf andere. Wir ahnen häufig nicht einmal, wie unsere Wortwahl ankommt. Mich fasziniert, dass PRECIRE erstmalig die Forschungsansätze von KI und Psychologie zusammenbringt.

Während KI sich bereits per Definition aus Erkenntnissen der Psychologie bedient, nutzt PRECIRE als eine der ersten Anwendungen überhaupt Methoden aus der Informatik und der KI-Forschung, um psychologische Merkmale direkt aus Sprache zu erkennen. Sprache hat eine unmittelbare Verbindung zu unseren Gedanken und macht einen großen Teil des alltäglichen Verhaltens aus. Mit unserer Technologie haben wir die Möglichkeit, nachhaltiger miteinander zu kommunizieren. Viele Probleme lassen sich so effizienter lösen.

„Wir unterschätzen im Alltag oft die Konsequenzen unserer kommunikativen Wirkung auf andere.“

PRECIRE wurde vor Ihrem Einstieg gegründet. Welchen Herausforderungen sind Sie bei der Übernahme eines bestehenden Start-ups begegnet?

Belker: Start-up-Teams gehen miteinander durch dick und dünn. Sie sind eine verschworene Gemeinschaft. Als Neuer dazuzukommen – egal in welcher Funktion – ist immer eine Herausforderung. Es ist nicht nur notwendig, die Unternehmenshistorie kennenzulernen, sondern auch, die vielen Schritte von Versuch und Irrtum auf dem Weg zum heutigen Stand zu verstehen. Es bleibt ein schmaler Grat, das Bestehende zu bewahren und gleichzeitig mit dem Team zusammen fortlaufend neue Impulse zu setzen. Ich denke, dies ist mir ganz gut gelungen.

Bevor Sie bei PRECIRE starteten, waren Sie für Unternehmen wie die HDI Versicherung oder OBI tätig. Inwiefern unterscheidet sich der Arbeitsalltag in solch großen und längst etablierten Unternehmen von dem in einem Start-up?

Belker: Große Unternehmen versuchen, den jungen Geist der Start-ups durch Innovationszentren, eigenverantwortlich arbeitende Teams und flache Hierarchien auch bei sich zu implementieren. Genauso setzen Start-ups auf Erfahrung im Management, um gerade durch den sicheren Umgang mit Investoren, Business-Angels oder Kooperationspartnern den Mitarbeitern den Rücken für Fortschritt und Entwicklung freihalten zu können. Für mich persönlich ging es weniger um den Unterschied im Arbeitsalltag, sondern vielmehr um die vielen Möglichkeiten der gegenseitigen Inspiration mit dem gemeinsamen Ziel des wirtschaftlichen Erfolgs.

01.07.2020    Miriam Rönnau
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