DUB Gratis-Video-Call mit Nelson Müller
10.06.2020    Arne Gottschalck
  • Drucken

… diese Fragen:

Was haben die Wochen der Pandemie verändert?

Arbeitslosigkeit? Steigt. Wirtschaftsleistung? Sinkt. Corona trifft Länder wie Unternehmen gleichermaßen. Und das Virus bringt Unternehmer wie Führungskräfte zum Nachdenken. Nelson Müller etwa, bekannt als Fernsehkoch. „Am Anfang war die Stimmung nicht so gut, ich hatte schlaflose Nächte.“ Dann merkte Müller, wie wichtig ein funktionierendes Netzwerk ist. „Ich habe mit vielen Leuten gesprochen, die in einer vergleichbaren Situation waren, etwa mit anderen Gastronomen. Und ich habe beschlossen, alle Kraft in ‚to go‘ zu stecken.“

Wenn man also keine Gäste im Restaurant begrüßen kann, dann bringt man das Essen eben zu ihnen. „Auch das war am Anfang nicht einfach, wir kamen auf 200 bis 300 Euro Umsatz pro Tag – aber dann wurde es jeden Tag mehr. Dann rief das ZDF an, und fragte, ob ich nicht ‚Corona-Kochen‘ machen wolle.“ Also vor der Kamera mit Zutaten kochen, welche die Menschen meist zu Hause haben. Müller pendelt derzeit zwischen TV-Kamera und ‚to go‘. Tatsächlich hat er sich noch kurz vor dem Call in der Küche um Bratkartoffeln und Leberkäse gekümmert. Die Corona-Krise und ihre Folgen? „Das war aufregend und vieles neu, Kurzarbeit etwa. Und es hat meinen Mitarbeitern viel abverlangt.“ Mit dem Fazit steht Müller nicht allein da.

Professor Kai Gniffge ist Intendant des SWR: „Wir machen für 15 Millionen Menschen im Südwesten Programm. Wir hatten neue Visionen ausgegeben, Entwicklungsziele – und dann kam Corona. 75 Prozent unserer Mitarbeiter sind im Homeoffice. Wir haben gemerkt: Wir sind ja vieles! Ein Sender, aber auch Schulersatz, bieten Kinderbetreuung und den Menschen etwas Ablenkung in der Krise. Das ist eine riesige Motivation im Haus, das habe ich so noch nicht erlebt. Ich hoffe, wir können diesen Geist konservieren.“ Der neue Claim des SWR? Für euch da. Die Krise sei ein Beschleuniger: „Homeoffice, digitale Konferenzen, wir sind nicht mehr so viel in der Weltgeschichte unterwegs.“ Es geht eben immer weiter.

Eine einmalige Situation – oder neue Normalität?

Es gibt Krisen, die verschwinden schnell im Rückspiegel der Wirtschaftsgeschichte. Und es gibt Krisen, die ziehen sich wie Kaugummi. Zu welcher Kategorie gehört Corona? Die Call-Teilnehmer sind auf alles vorbereitet. Masa Schmidt zum Beispiel wirft gleich drei Thesen in die Runde, quasi als Leitplanken für ein mögliches neues Normal. Schmidt arbeitet bei Microsoft, als Modern Workplace Lead. Sie blickt damit von Berufs wegen in die Zukunft der Arbeitswelt. „Vertrauen ist die neue Kontrolle“, sagt sie.

„Wir haben im Shutdown viele Anrufe bekommen, dass Unternehmer und Führungskräfte ganz erstaunt waren, wie gut sie ein Team im Homeoffice führen können.“ Zweitens? „Führungskräfte werden zu den neuen Kardashians, eine US-Familie im Reality-TV,  – ständig unter Beobachtung.“ Das bedeute auch, dass Handeln und Worte kongruent sein müssen. Lässt die Führungskraft zum Beispiel Mitarbeiter aussprechen? Wer das nicht hinbekommt, dem folgen sie auch nicht. Und These drei? Kleinstädte werden zum neuen Silicon Valley. Einfach, weil es dank Homeoffice & Co. egal ist, wo ein aufstrebendes Talent arbeitet. Es muss nicht immer Berlin oder München sein. „Technologie ist die Basis des Wandels, nicht mehr, aber auch nicht weniger“, so Schmitdt.

Beim SWR und Gniffke rennt sie damit offene Türen ein. Es wurde gelernt, schlanker zu produzieren, sagt er.

Was ist die wichtigste Lektion aus der Krise?

Im Winter werden die Sieger des Sommers gemacht, heißt es im Radsport. Einfach, weil sich im Sommer und damit in der Rennsaison die harte Trainingsarbeit des Winters auszahlt. Funktioniert der Ansatz auch mit Blick auf Unternehmen und die Corona-Krise? Lässt sich, um im Sprachbild zu bleiben, im Konjunkturtal Kondition bolzen, um bald wieder ganz vorn mitfahren zu können? Augenscheinlich ja.

Aus der Krise etwas Neues zu schaffen, das sei mit Leadership möglich, sagt Beraterin Nina Kalmund. Dem Vorangehen also. Denn am Anfang steht der Mensch. Was ist für sie zentral? „Ruhe bewahren und die Augen offenlassen. Das ist schwierig“, sagt sie. Man neige dazu, die Augen zu schießen, wenn es hart auf hart kommt. Aber das Netzwerk im Auge zu haben, zu sprechen, die Einstellung „all-hands-on-deck“ zu vermitteln, das sei wichtig. Und vor allem auch das Positive sehen und lernen, Unsicherheiten auszuhalten. Und auch „einfach mal machen“.

Unsicherheit und Wandel ist ein gutes Stichwort für Gastronom Müller. Für ihn geht es schon längst weiter, mit der nächsten Ausbaustufe von ‚to go‘. „Über Ostern hatten wir Menüboxen erstellt, das ist etwas komplexer als das klassische ‚to go‘. Und rund 300 Bestellungen eingesammelt. Es kam die Frühlingsbox, die Sommeranfangsbox ist im Blick. „Wir rollen das nun etwas größer aus.“ Für ihn also die Lehre? Immer wieder etwas Neues, flexibel bleibend. Auch wenn es schwerfällt.

Noch einmal Gniffke: „Die Gesellschaft versteht doch zusammenzurücken, das ist für mich eine Lehre. Und wir können auch flexibel.“ Eine Lektion, die alle Teilnehmer so unterschreiben dürften.

10.06.2020    Arne Gottschalck
  • Drucken
Zur Startseite