digitaler Sales-Funnel
22.12.2020
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Seit Beginn des digitalen Zeitalters ist der Vertrieb unweigerlich mit Sales-Technologie verbunden. Unternehmen pumpen Tausende und Abertausende Euro in State-of-the-art-Vertriebstechnologie. Laut Gartner steigt allein der Markt für CRM-Technologie bis 2025 auf knapp 80 Milliarden US-Dollar an. Logisch, dass Unternehmer für ihren Invest entsprechende Ergebnisse erwarten: mehr Leads, mehr Deals, mehr Umsatz.

Diese Software-Euphorie kommt jedoch bei vielen Vertriebsteams, den letztendlich tagtäglichen Anwendern, nicht an. Stattdessen steigt hier die Unzufriedenheit. Laut dem amerikanischen Wirtschaftsmagazin Forbes sind CRM-Systeme für Vertriebsmitarbeiter die größte Frust-Quelle im Arbeitsalltag. Und auch in der Branchen-Studie „State of Sales“ gesteht knapp die Hälfte der Verkäufer, digitale Tools – trotz Verfügbarkeit im Unternehmen – nicht zu nutzen.

Business as usual plus Software – das funktioniert nicht

Das grundlegende Problem: Es reicht nicht aus, Software über bestehende, klassische Prozesse und Arbeitsweisen zu stülpen und dann quasi weiterzumachen wie zuvor. Digitaler Vertrieb erfordert gänzlich neue Arbeitsabläufe.

Mensch und Maschine müssen eine hybride Einheit formen. Da der persönliche Kontakt und Austausch heutzutage wichtiger denn je ist, ist der Mensch der Entscheider, Verhandlungsführer und Point of Contact für den Kunden. Die Software ist der digitale Zuarbeiter im Hintergrund.

Arbeitsteilung heißt also das Stichwort. Wie genau diese aussehen sollte? Das zeigt eine Reise durch den Sales-Funnel.

1. Datenanalyse: Der gläserne Kunde

Allein 2018 wurden 33 Zettabyte an Daten generiert. Festgehalten auf zwei Terabyte-Festplatten wären das 74.375 voll beladene Vierzig-Tonner. Hurra, der gläserne Kunde? Knapp daneben! Die Kunst ist es, aus diesen Daten einen Sinn zu ziehen: woher der Kunde kommt, was ihn interessiert, was seine Intention ist, ob er Entscheider oder „nur“ ein einfacher Angestellter ist.

Kaum ein Verkäufer kann aus dem vorhandenen Wust an unsortierten Daten problemlos seine Schlüsse ziehen. Software strukturiert und analysiert diese Datenberge. Der Verkäufer trifft im Anschluss fundierte Entscheidungen: Welche Kundengruppe eignet sich für mein Angebot? Wie spreche ich diese am besten an?

2. Lead-Generierung: Automatisierte Recherche

Der nächste Schritt: Welche Leads kontaktiere ich (Outbound) – und welche Anfragen (Inbound) sind für mich am interessantesten? Für über die Hälfte der Vertriebsmitarbeiter ist die Leadgenerierung noch immer die größte Herausforderung, zeigt die Studie „State of Sales“. Kundenanfragen werden häufig nicht strukturiert bearbeitet. Eine mühselige, zeitaufwendige Recherche spannender Kontakte ist die unmittelbare Konsequenz.

Durch den Einsatz von Sales-Technologie übernehmen Chatbots die erste Kontaktaufnahme mit Inbound-Leads und klopfen deren Interesse ab. Moderne Datenbanken sammeln Informationen über Tausende Outbound-Leads, die sie nach den eigenen Präferenzen filtern können. Automatisierungs-Tools durchforsten eigenständig das World Wide Web nach spannenden Unternehmen und den dortigen Ansprechpartnern.

Der Mensch investiert dadurch weniger Zeit in die Recherche und fokussiert sich stattdessen auf den direkten Austausch mit den Interessenten.

3. Welchen Lead kontaktiere ich? Eine Priorisierungs-Hilfe

Doch diese Flut neuer Leads bringt wieder ganz eigene Herausforderungen mit sich: Der Vertriebsmitarbeiter muss nun einschätzen, welcher Kontakt tatsächlich interessiert ist, wie hoch das potenzielle Auftragsvolumen ist oder ob er überhaupt den richtigen Ansprechpartner oder Entscheider an der Angel hat. Die Gefahr ist groß, den falschen Leads hinterherzulaufen.

Analyse-Tools tracken die Aktivitäten auf der Website. Etwa, welche Produkte ein Besucher oft klickt, wie lange eine Seite betrachtet wird. Sie analysieren die ersten Konversationen mit den Chatbots und stellen Quervergleiche mit ähnlichen Verkäufen an. Auf Grundlage dieser Daten geben sie den Verkäufern anschließend fundierte Tipps, welche Leads sie priorisieren sollten.

4. Die Verhandlungsphase: Der digitale Berater

In der nachfolgenden Verhandlungsphase fungiert die intelligente Vertriebssoftware als Berater. Sie trackt so ziemlich alles: Welche Produkte und Subpages hat sich der Interessent auf der Website angeschaut? Und wie lange? Zusätzlich analysiert sie die Öffnungsraten von E-Mails, die Konversation mit und das Antwortverhalten des Leads sowie den zeitlichen Rahmen des Austauschs.

Daraus leitet sie eine Vorschlagsliste für den Verkäufer ab: Wie und womit sollte er in die Verhandlungen einsteigen, ist ein Follow-up nötig? Oder sollte er die nächste Dealphase einleiten? Zudem gibt sie den Verkäufern Hinweise, warum ein Deal letztendlich scheiterte.

5. Fokus auf die werthaltigen Aufgaben: Automatisierte Fleißarbeit

Vertriebsmitarbeiter verbringen zwei Drittel ihrer Arbeitszeit mit nicht-wertsteigernden Aufgaben – also etwa mit dem Befüllen von Datenbanken und Tabellen oder dem Einsortieren von Verträgen. Kurzum: mit repetitiver und zeitaufwendiger Admin-Arbeit. Dies ist auch einer der Gründe, warum Verkäufer CRM-Tools laut Forbes als Frust-Faktor sahen und sehen. Das stete Befüllen der Software wird als lästige Mehrarbeit wahrgenommen.

Wenn die Arbeitsteilung zwischen Mensch und Maschine allerdings funktioniert und die Tools im gesamten Team akzeptiert werden, kann die Software viele dieser lästigen Aufgaben übernehmen: 24 Stunden am Tag und sieben Tage in der Woche pflegen Automatisierungstools die Kundendatenbank und übertragen Daten in andere Software, etwa Bestellungen und Rechnungen in die Buchhaltung oder die Warenwirtschaft.

Der Faktor Mensch ist im digitalen Vertrieb unersetzlich

Doch warum diese Aufgabenteilung? Warum nicht, als Beispiel, der automatisierte Vertrieb mit dem Verkäufer als Kontrollinstanz? Die klare Antwort: Der Kunde will es nicht! Und das ist auch gut so. Vertrieb ist ein Vertrauensgeschäft – und Vertrauen wird dem Menschen entgegengebracht. Chatbots haben vielleicht eine vierfach höhere Verkaufsquote als ihre menschlichen Pendants. Finden die Käufer allerdings heraus, dass sie mit einem Chatbot kommunizieren, sinkt die Kaufrate um 79,7 Prozent, zeigt eine Auswertung der Fox School of Business and Management.

Laut einer McKinsey-Studie will die Mehrheit der Kunden – insbesondere im B2B-Bereich – im Laufe des Kaufprozesses auch weiterhin den menschlichen Kontakt. Wer es schafft, den Faktor Mensch in das digitale Verkaufserlebnis zu integrieren, erzielt laut McKinsey einen fünfmal höheren Umsatz und ein achtmal höheres operatives Ergebnis.

Die Arbeitsteilung aus digitalem Zuarbeiter und der menschlichen operativen Umsetzung sowie Entscheidungshoheit setzt die Stärken beider Seiten perfekt ein. Die Maschine kann in Windeseile immense Datenberge auswerten, analysieren, den Verkäufern eine valide Entscheidungsgrundlage liefern und repetitive Fleißarbeit automatisieren. Der Mensch kann seinen Fokus auf wertsteigernde Tätigkeiten legen, auf den Austausch mit dem Kunden, das Beziehungsmanagement, die Verhandlungen, die Sales-Strategie. Hier kann er seine Empathie, sein Überzeugungsgeschick, seine Weitsicht und strategisches Denken einbringen. Fähigkeiten, die die Maschine nicht abdecken kann, die aber letzten Endes über den Erfolg des modernen Vertriebs entscheiden.

Zur Person

Raj Sabhlok Pipedrive

Raj Sabhlok

ist CEO von Pipedrive, einem der führenden Anbieter von CRM-Software für Vertriebsteams. Sabhlok arbeitet seit über 20 Jahren in der Software-Branche und war unter anderem President des Software-Konzerns Zoho

22.12.2020
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