Grundwerte des Unternehmens sind die Basis für Purpose-Kampagnen
08.04.2020    Hilka H. Jeworrek
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Warum existiert ein Unternehmen? Welcher Antrieb steckte hinter der Gründung? Diese Fragen scheinen obsolet zu sein, da es in der Wirtschaft in erster Linie um die Generierung von Gewinn gehen müsse. Dennoch kann die Definition eines Unternehmenszweckes innerhalb eines Leitbildes für Kommunikation und Marketing wichtig sein. Die Beschäftigung mit dem Sinn und Zweck beziehungsweise dem Purpose ist für Marken mitunter keine leichte. Es muss beispielsweise hinterfragt werden, welches Lösungspotenzial die Marke für Probleme der Konsumenten bietet und folglich, welche Rolle sie im Leben der Käufer einnehmen kann.

Bereits durch die #MeToo– oder Fridays for Future-Bewegung und auch aktuell durch die Corona-Krise bieten sich für  Unternehmen Optionen, die Kommunikation entsprechend der Methoden des Purpose-Marketing neu aufzustellen und seine Werte intern und extern bekannter zu machen. Dabei geht es jedoch nicht darum, sich als Weltenretter mit Werten einer Non Governmental Organisation (NGO) zu positionieren. Dies kann bei Konsumenten einen unglaubwürdigen Eindruck hinterlassen, zu Shitstorms auf Social Media und Vertrauensverlust führen.

Markenwerte mit aktuellen Ereignissen verknüpfen

Vielmehr eröffnen sich im Verlauf der Einordnung Möglichkeiten, Solidarität mit Betroffenen und sich selbst als verlässlicher Partner für Mitarbeiter und Kunden offen zu zeigen. Die beiden deutschen Automarken Volkswagen und Audi zeigen beispielsweise derzeit die jeweiligen Logi mit deutlichen Abständen zwischen den einzelnen Elementen. Bei ersterem ist an der Stelle, an der sich normalerweise V und W berühren, eine Lücke. Bei der VW-Tochter sind die Audi-Ringe nicht mehr miteinander verschränkt, sondern mit deutlichem Abstand nebeneinander platziert.

Die Autohersteller zeigen damit, dass sie den Aufruf zum Abstandhalten, um die Ansteckungsgefahr mit dem neuartigen Coronavirus zu minimieren, unterstützen. Die Bänder in den Fabriken wurden bei beiden Marken angehalten und die Arbeiter  nach Hause geschickt, weil der geforderte Sicherheitsabstand nicht sichergestellt werden konnte. Dabei geht es in diesen Beispielen nicht darum, ein Produkt anzubieten. Die Herausarbeitung der Alleinstellungsmerkmale der Marken als fürsorglicher Arbeitgeber stehen im Vordergrund.

Unterschiede zu Wettbewerbern verdeutlichen

Bei der Ermittlung des Purpose kann es sinnvoll sein, sich im ersten Schritt auf die Kernkompentenzen, die das Unternehmen erfolgreich gemacht haben, zu konzentrieren. Spiegeln sich diese im Leitbild wider? Helfen diese, die Kundenwünsche zu verstehen? Grenzt sich das Unternehmen mit diesen vom Wettbewerb ab? Sind diese Fragen eindeutig beantwortet, ergeben sich daraus Optionen für die Markenkommunikation.

Das Hamburger Getränkeunternehmen fritz-kola grenzt sich zum Beispiel klar von anderen Cola-Herstellern mit seiner Glasflaschen-Philosophie ab. Von Beginn an sei es den Gründern wichtig gewesen, die Getränke nicht in Plastikflaschen abfüllen zu lassen. Diese seien sowohl von Umwelt- als auch Lebensmittelqualitätsstandards her nicht mit dem Werteanspruch vereinbar gewesen. Demnach würden die Kola-Flaschen des Unternehmens bis zu 50 Mal wiederbefüllt und seien bis zu sieben Jahre im Einsatz. Weiterhin sei Glas zu 100 Prozent recyclebar und undurchlässig für Kohlensäure und Gerüche.

Aus diesem Unternehmensmerkmal hat fritz-kola ganz im Sinne der skizzierten Methodik einen Purpose entwickelt, der dieses Alleinstellungsmerkmal der Marke unterstreicht. Seit Januar 2020 wird dieser Purpose als die Trink aus Glas-Kamapagne aktiv durch die Unternehmenskommunikation nach außen getragen.

In der Kampagnen-Botschaft wird an das Umweltbewusstsein der Verbraucher appelliert. Die Botschaft: Mit der kleinen Entscheidung, konkret dem Griff zur Glasflasche von fritz-kola statt zum Kunststoffbehältnis eines Wettbewerbers, wird bereits ein Schritt zu einer besseren Welt getan. Der Aufruf richtet sich an das Gewissen, aber auch die Selbstbestimmung des Konsumenten. Es werden keine Vorschriften gemacht. Allerdings werden deutlich die Vorteile für die Entstehung einer plastikfreien Gesellschaft aufgezeigt, wenn man sich für ein Produkt in einer Glasflasche entscheidet.

Passt der Purpose zur Marke, wächst der Umsatz

Ein Purpose klärt neben der Frage der Existenzberechtigung also ebenfalls die Frage „Wie wollen wir handeln?“ und spiegelt so auch immer in Teilen die Haltung eines Unternehmens im Kontext der Zeit. Die  aktuellen Beispiele zeigen, wie Unternehmen Haltung beziehen. Damit positionieren sich die Marken mit informativen Inhalten zum aktuellen Zeitgeschehen, wie dem Schutz vor Corona oder dem umweltbewussten Handeln, ohne dabei belehrend zu wirken.

Diese purposegetriebene Imagebildung kann dann weiterführend auch umsatzrelevant werden. Von Verbrauchern online wie auch offline positiv bewertete Marken haben höhere Weiterempfehlungsraten, binden Kunden längerfristig an sich und schaffen die Bereitschaft beim Konsumenten, Aufpreise zu bezahlen, wie die Studie Von Buzz zu Business – Der Impact purpose-getriebenen Marketings zeigt. So seien in der Zielgruppe der 14- bis 29-Jährigen 62 Prozent und auch über die Hälfte der über 30-Jährigen geradezu Purpose-Aktivisten. Bei ihnen spiele es bei der Empfehlung eines Produktes oder einer Marke eine erhebliche Rolle, ob das Produkt nicht nur gut für sie selbst, sondern  auch gut für die Welt sei.

Dabei müssten die Unternehmen nicht perfekt sein. Kunden würden es durchaus honorieren, wenn Marken offen mit Fehlern umgingen und Herausforderungen in der Umsetzung der Ziele kommunizierten. Dies würde die vielfach beschworene Glaubwürdigkeit und Authentizität der Labels in der Öffentlichkeitsarbeit stärken. Deswegen gelte der Spruch „Tue Gutes und rede darüber“ auch bei der Purpose-Kommunikation. Gründlich aufgebaute Botschaften, die in den Zielgruppen platziert werden, können sich positiv auf Umsätze und Image auswirken.

08.04.2020    Hilka H. Jeworrek
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