Illustration einer Frau mit einem Fernrohr, auf dem Augen sind
12.04.2021
  • Drucken

Vor dem Hintergrund von Geburtenrückgang und langsamem Abgang der Babyboomer rückt für kleine und mittelgroße Unternehmen (KMUs) die „Jagd nach Talenten“ in den Fokus. Besonders KMUs, die expandieren oder ihre Nachfolge regeln wollen, brauchen dafür hochqualifizierte Führungskräfte. Gleichzeitig benötigen sie Personal mit spezieller Fachkompetenz – am besten in Kombination. Solche Ressourcen zu finden und ans Unternehmen zu binden, ist eine absolute Herausforderung geworden.

Wer sich schnell in die Tiefe und Breite entwickeln und den Fortgang des Unternehmens eher früher als später mitgestalten will, wer vor Verantwortung im Sinne von Risikotragung nicht zurückschreckt und mit flachen Hierarchien umgehen kann, ist als Führungskraft in einem KMU mit Sicherheit besser aufgehoben als im Großunternehmen.

Bereitschaft zum eigenen Investment

Genau diese Fähigkeiten muss der Personalberater (den man für die Suche unbedingt engagieren sollte) deshalb in sein Suchmuster einbauen. Ihm muss bewusst sein: Eine klassische Konzernpersönlichkeiten ist im KMU nicht gefragt. Dort hat nur die Führungskraft dauerhaft Erfolg und kann sich durchsetzen, die breite Kompetenz mit Persönlichkeit und Willen zur Vorbildfunktion verbindet. Wer für seine Autorität die „Hierarchie“ benötigt und versucht, eigene Entscheidungsrisiken zu minimieren, wird scheitern. Ein Hinweis auf das unternehmerische Denken und Fühlen eines Kandidaten für eine Führungsaufgabe in einem KMU ist sicher auch die Bereitschaft zum eigenen Investment. Aber dieses sollte nicht übergewichtet werden. Es geht nicht allein darum, sich einen Arbeitsplatz nach beendeter Konzernkarriere „zu kaufen“.

KMU sind stark von ihrem Gründer und seiner Sicht auf die Welt geprägt. Genau daran kann die Integration von hochwertigen Führungskräften auch scheitern. Unternehmen, die wachsen wollen, müssen die Spitze verbreitern. Der Gründer muss bereit sein, Kontrolle und Macht abzugeben. In der Realität ist dies viel schwieriger als auf dem Papier oder im Organigramm.

Fachkräfte, die Verantwortung übernehmen wollen

Zur wachsenden Herausforderung für KMU ist neben der Suche nach passenden Führungskräften der Wettbewerb um Personal mit spezieller Fachkompetenz und seine Bindung an ein Unternehmen geworden. Sie konkurrieren dabei mit Großunternehmen und deren scheinbar unbegrenzten Aufstiegs- und Entwicklungsmöglichkeiten. Ähnlich wie bei den Führungskräften kommt es auch hier auf die Persönlichkeit an. Wem die „Strahlkraft“ des Namens seines Arbeitgebers nicht so wichtig ist, wer vielmehr schnell Verantwortung übernehmen will, die unmittelbare Kommunikation schätzt und sich auf seine Qualitäten und Fähigkeiten verlässt, wird bei einem KMU zufriedener sein.

Rekrutierung ist ein Vertriebsprozess

Die richtige Haltung beim suchenden Unternehmen entscheidet dabei über Erfolg oder Misserfolg bei der Suche. Rekrutierung ist ein Vertriebsprozess und potentielle Zielpersonen sind Interessenten, keine Bewerber. Das drückt sich in entsprechender Wertschätzung aus. Hilfreich ist zudem eine realistische Selbsteinschätzung: Spielt mein Unternehmen nicht in der 1. Liga, sondern zwei Klassen darunter, ist jemand mit Champions-League-Ambitionen bei mir eher fehl am Platz.

Nach erfolgreicher Rekrutierung folgt der nächste Schritt: Die neue Mitarbeiterin oder der neue Mitarbeiter an das Unternehmen zu binden und dauerhaft zu motivieren. Es sind die naheliegenden Dinge, die dabei den Unterschied machen:

  • klar definierte Aufgaben/Stellenbeschreibungen und das regelmäßige Gespräch
  • Ziele müssen quantifizierbar sein und transparent kommuniziert werden, nicht nur persönliche Ziele, sondern auch die des Unternehmens
  • Investitionen in die Weiterbildung, Kinderbetreuungsangebote, flexible Arbeitszeitregelungen, Sachleistungen, die geldwerte Vorteile darstellen etc.
  • Nicht zu vergessen, trotz aller Work-life-balance-Ansprüche: Bei Auswahl der Stelle respektive Wechselbereitschaft steht das Kriterium Gehalt (Boni, Provisionen etc.) immer noch ganz oben auf der Entscheidungsliste!

Kolumnen, Kommentare und Gastbeiträge auf DUB-magazin.de geben ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors oder der jeweiligen Autorin wieder, nicht die der gesamten Redaktion.

Zur Person

Portrait von Stefan Elßer

Dr. Stefan Elßer

studierte Volkswirtschaft in Tübingen and Eugene (Oregon, USA) und promovierte anschließend an der Universität Hohenheim (Stuttgart). Heute ist er Gründungspartner bei der Marondo Capital GmbH

Zur Person

Portrait von Andreas Gallus

Andreas Gallus

ist Partner und Geschäftsführer der tetris Unternehmensberatung und bei tetris talents. Als Personalberater unterstützt der Wirtschaftswissenschaftler mittelständische Unternehmen und Konzerne bei der Suche und Auswahl von Spezialisten sowie Führungskräften und ist darüber hinaus Sparringspartner für Führungskräfte beim Thema Stellenwechsel und Karriere

12.04.2021
  • Drucken
Zur Startseite