Einhorn aus Platinen
13.01.2021    Mark Simon Wolf
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Im Jahr 2020 stand das alltägliche Leben in Europa bedingt durch die Coronapandemie gleich mehrfach still. Dennoch herrscht im Technologie-Sektor weiter Hochstimmung. Das belegt zumindest der Report „State of European Tech“ von Atomico, den der europäische Wagniskapitalgeber in Kooperation mit der Tech-Konferenz Slush, der Tech-Anwaltskanzlei Orrick und der Silicon Valley Bank unlängst veröffentlichte.

Europäische Tech-Start-ups haben demnach 41 Milliarden US-Dollar aus Finanzierungsrunden eingesammelt – ein neuer Rekord. Tom Wehmeier, Partner bei Atomico und Co-Autor des Reports, attestiert europäischen Gründern gar, dass deren Selbstvertrauen nie größer gewesen sei, „Unternehmen von Weltrang“ aufzubauen.

Musterbeispiel Spotify

Insgesamt knackten 18 Unternehmen 2020 die Bewertungs-Schallmauer von einer Milliarde Euro – und gehören damit nun zum elitären Club der Einhörner. Insgesamt gibt es nur 115 durch Venture-Capital finanzierte Tech-Unternehmen, die diese Marke in Europa überschreiten.

Mit 36 Börsengängen von Tech-Unternehmen lag die Branche zwar hinter dem Rekordjahr 2017 (50) zurück. Allerdings zählen mittlerweile etwa der niederländische Zahlungsdienstleister Adyen oder der schwedische Streamingdienst Spotify zu den zehn wertvollsten europäischen Unternehmen.

Deutschland ist zweitgrößte Start-up-Nation

Auch Deutschlands Tech-Ökosystem zählt weiter zur europäischen Spitze. Zwar fällt das Finanzierungsvolumen in Deutschland im Vergleich zum Vorjahr um 22 Prozent auf 5,4 Milliarden US-Dollar, was allerdings immer noch dem zweithöchsten Wert in Europa entspricht. Für Schlagzeilen nicht nur in Deutschland sorgten 2020 beispielsweise der Börsengang des Essenslieferdiensts Delivery Hero oder die Übernahme des Getränkelieferanten Flaschenpost durch die Dr. Oetker-Gruppe.

Die Start-up-Hochburg des Landes ist Berlin. 9 der 16 deutschen Einhörner stammen aus der Hauptstadt. Seit 2016 flossen insgesamt 12,6 Milliarden US-Dollar an Venture-Capital in Berliner Unternehmen. Nach London ist das der zweithöchste Wert.

Alltägliche Diskriminierung spürbar

Neben Corona war die „Black Lives Matter“-Bewegung eines der dominierenden Themen 2020. Diskrimierung ist auch innerhalb des wachsenden europäischen Tech-Sektors spürbar. 61 Prozent der Gründer mit afrikanischen oder karibischen Wurzeln, 58 Prozent mit asiatischen und 69 Prozent mit hispanischen Wurzeln gaben an, dass es für sie als ethnische Minderheit in Europa schwerer sei, Kapital einzusammeln.

69 Prozent der Befragten von gemischter ethnischer Herkunft bestätigten diese offene Diskriminierung. Demgegenüber gaben nur 55 Prozent der befragten „Weißen“ an, dass sie in Finanzierungsrunden Schwierigkeiten hätten, Investorengelder einzusammeln.

Nachhaltigkeit bei Investoren beliebt

Positiv wirkte sich dagegen eine grüne Unternehmensphilosophie auf Finanzierungsrunden aus. Nachhaltige, purpose-driven Start-ups sammelten mehr als sechs Milliarden US-Dollar ein. Die deutschen Luftfahrt-Neulinge Lilium oder Volocopter waren besonders erfolgreich bei der Kapitalnachfrage.

Investitionen in Start-ups mit Fokus auf den Klimawandel stiegen damit sprunghaft an: Insgesamt flossen zwischen 2016 und 2020 elf Milliarden US-Dollar in europäische Klimaschutz-Start-ups – davon 9,7 Milliarden an jene, die sich mit günstigen und sauberen Energien befassten.

13.01.2021    Mark Simon Wolf
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