01.04.2021
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Wie kommt ein Unternehmen durch Krisenzeiten? Und mit „Krise“ meine ich nicht die Coronapandemie, sondern firmeneigene Herausforderungen wie steigende Verluste, verlorene Investoren und Massenentlassungen.

Als ich vor zwei Jahren die Geschäftsführung von NAGA übernahm, gab es jede Menge Herausforderungen wie diese zu meistern. Nach unserem Börsengang war der Aktienpreis abgestürzt. 2019 schrieben wir hohe Verluste. Investoren wendeten sich ab und die Zukunft von mehr als der Hälfte unserer Beschäftigten verdunkelte sich.

Erfolg kann zurückkommen

Das Problem: Zu diesem Zeitpunkt wusste keiner mehr so genau, wofür wir eigentlich angetreten sind. Durch eine Restrukturierung des Geschäftsmodells sowie die konsequente Schärfung der Marke NAGA mit Fokus auf unser Kerngeschäft habe ich den Turnaround eingeleitet. 2020 war das erfolgreichste Jahr der Unternehmensgeschichte. Und auch 2021 steht unter einem enorm positiven Stern – der Umsatz steigt, wir stellen so viele Mitarbeiter ein wie nie zuvor. Wir konnten wieder stark in das Wachstum investieren; auch der Aktienkurs hat sich erholt.

Doch: Wie haben wir diesen Turnaround erreicht und was kann ich anderen, die sich in ähnlichen Situationen befinden, mit auf den Weg geben?

Alles auf den Prüfstand

Zunächst gilt es, alle Prozesse schonungslos zu analysieren. Im Zweifel muss rasch und beherzt durchgegriffen werden. Jeder Stein muss umgedreht werden. Es gilt – wenn es hart auf hart kommt –, auch unangenehme Entscheidungen zu treffen. Besonders wichtig ist es sich selbst zu fragen, ob alle Parameter noch immer auf das ursprünglich gesetzte Ziel einzahlen oder ob man sich – ich kenne das selbst – in Ideen und Möglichkeiten verrannt hat.

In einer schwierigen Situation gilt es als erstes Kosten zu senken und Produkte genau unter die Lupe zu nehmen. Oft kommt die sogenannte Betriebsblindheit ins Spiel. Alles erscheint eigentlich logisch, geht jedoch an der Zielgruppe und dem eigentlichen Purpose vorbei. Hier muss hart eingegriffen werden, um Produkt und Unternehmen wieder zu dem zu machen, was die Kunden und Nutzer eigentlich erwarten.

Große Ziele setzen – kleine Erfolge feiern

Das Wichtigste ist es, den Mut nicht zu verlieren. Niemand gründet ein Start-up ohne klare Vision und Absicht. Das war auch der Grund warum für mich aufgeben nie infrage kam. Ähnlich wie im Sport benötigt man klare Ziele, auf die man ständig hinarbeitet. Ziel heißt dabei: Auf einen festen Zeitpunkt fixiert und messbar – sei es wöchentlich oder jährlich. Diese Ziele gilt es in kleine Aufgaben herunterzubrechen und auch kleine Milestones in dem Wissen, dass man dem großen Ganzen näher gekommen ist, zu feiern.

Ohne Strategie geht nichts

Aufräumen ist das eine. Sich fit für die Zukunft zu machen, also eine Wachstumsstrategie festzulegen, ist das zweite bedeutsame To-do. Die richtige Strategie ist dabei das Entscheidende. Reines Wachstum ist zwar recht und schön, doch das Kartenhaus zerfällt irgendwann. Skalierung ist wichtig. Die Frage ist nur, was will ich skalieren. Welche Kanäle sollen primär zur Vermarktung genutzt werden, welche Märkte soll das Unternehmen bedienen? Wird der Fokus auf nationales oder internationales Wachstum gelegt? Welche Unterschiede auf den verschiedenen Märkten sind zu beachten – Stichwort: andere Länder andere Sitten?

All diese Fragen müssen in eine feste Strategie gegossen werden, an der sich das gesamte Unternehmen hochziehen kann. Jedoch ist es damit nicht getan. Auch Strategien müssen immer einer eigenen Challenge unterzogen und regelmäßig angepasst werden. Gerade wenn es Chancen im Markt gibt, die davor nicht abzusehen waren. „Agilität“ ist inzwischen ein Modewort, jedoch ist es das A und O, um schnell reagieren zu können. gerade für Start-ups im Wachstum ist das essenziell.

Durchhaltevermögen und Mut als Treiber der Innovation

Wer im Geschäftsleben Erfolg haben will, muss naturgemäß einiges riskieren und mit dem Risiko des Scheiterns rechnen und leben. Gerade in schwierigen Zeiten ist es notwendig gewesen, dies auch gegenüber Stakeholdern zu zeigen. Für mich ging es während unserer unternehmerischen Erholungsphase also nicht nur darum, das eigene Kerngeschäft konstant nach außen zu kommunizieren. Niemand konnte am Ende des Tages die Garantie dafür abgeben, dass unsere Vision nicht doch scheitern kann. Also: Investoren, Journalisten und Kunden müssen sofort wissen, wofür das eigene Unternehmen steht. Unsicherheiten müssen allerdings genauso offengelegt werden. Das schafft Transparenz und Vertrauen. Werden Interessensgruppen Probleme vorenthalten, schadet das langfristig mehr als rote Zahlen.

Zur Person

Benjamin Bilski

Benjamin Bilski

ist Gründer und CEO der Social-Trading- und Investing-Plattform NAGA. Der Ex-Profischwimmer und Seriengründer wurde 2018 von Forbes in die Liste der „30 under 30“ aufgenommen

01.04.2021
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