Sechs Menschen stehen und sitzen rund um eine Zielscheibe und reden miteinander beziehungsweise lesen auf Tablets oder Papieren. Ein Peil hat genau in die Mitte der Zielscheibe getroffen. Ein Chart-Pfeil hinter der Zielscheibe zeigt nach oben.
02.03.2021    Mark Simon Wolf
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Irgendwann geriet bei Marco Neubert, Bennet Polenz und Götz Ulmer jeweils die Frage nach dem richtigen Purpose in den Fokus. Die Felder, in denen die drei Teilnehmer am DUB Digital Business Talk beruflich aktiv sind, könnten unterschiedlicher nicht sein. Und darüber hinaus? Ist ihr Werte-Fundament – sprich: der Grund, aus dem sie ihre tägliche Arbeit ausüben – tatsächlich derart unterschiedlich?

Am DUB Digital Business Talk nahmen teil:

Moderatorin: Kathleen Goy, Digital Content Strategy Manager, DUB UNTERNEHMER

Kodex und Charity-Aktionen

„Es gibt ganz viele Unternehmen, die die Frage nach dem Purpose noch nicht wirklich beantworten können. Das ist aber der erste Schritt und der muss immer wieder neu angegangen werden“, sagt Neubert, Chief Communication Officer bei der Digital-Marketing-Beratung DCMN. Er entwickelte mit seinem Team zunächst „Guiding Principles“. Diese Richtlinien mündeten dann in einer Charta von Grundwerten, den „Core Values“. „Man muss sich den Bedarf eben erst einmal vor Augen führen“, sagt Neubert über die erste Findungsphase.

Bereits in Bewerbungsverfahren kommt dieser Kodex nun zum Einsatz. Passt das Bewerberprofil nicht zur Unternehmens-DNA, hat der Kandidat keine Chance – egal wie maßgeschneidert er aufgrund seines fachlichen Know-hows auf den ersten Blick scheint.

Zudem existiert im Unternehmen eine Einheit, die darauf achtet, wie man „der gesellschaftlichen Verpflichtung“ gewahr wird, berichtet Neubert. Darunter fallen zum Beispiel Charity-Aktionen, die DCMN entweder finanziell oder mit personellen Ressourcen unterstützt. Für ein gewinnorientiertes Wirtschaftsunternehmen sei dieser auch nach außen hin sichtbare und gelebte Purpose nicht unbedingt selbstverständlich, betont Neubert.

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Werte als Existenzgrundlage

Für Nichtregierungsorganisationen (NGOs) wie „Trikot für die Welt“ ist dieses Mindset dagegen die Existenzgrundlage. Dort verschwimmen noch eher die Grenzen zwischen internem und externem Purpose, erklärt Gründer Polenz: „Als NGO existiert man, um Purpose zu kreieren und Impact zu haben.“

Der Nukleus von NGOs sei es nun mal, nach ethischen und moralischen Standards zu handeln. In Polenz’ Fall sieht das Geschäftsmodell vor, mithilfe von Netzwerken Fußballtrikots an bedürftige Menschen auf der ganzen Welt zu spenden. „Wir haben die Gemeinschaft als Wert, was dem Sport auch sehr inne wohnt“, so Polenz weiter.

Metality hilft dem Libanon

Diesen speziellen Zusammenhalt gibt es auch bei Metality mit seinem globalen Netzwerk aus Heavy-Metal-Fans. „Wir wollen Menschen innerhalb der Community helfen, denen es nicht so gut geht“, formuliert Ulmer einen Teil seines Purpose. Daneben engagiert sich der Verein für gemeinnützige Zwecke. So entstehe auch ein Mehrwert für die Gesellschaft außerhalb des eigenen Kosmos‘. „Erst einmal heißt es intern: von Metalheads für Metalheads. Aber als zum Beispiel die Explosion in Beirut im Libanon im August 2020 war, haben wir uns auch engagiert. Da würden wir niemals sagen, dass unser Geld oder unsere Hilfe nur an Metal-Fans geht.“ 

Guter Purpose, schlechter Purpose?

Doch gibt es nun den lohnenswerteren, richtigen Purpose? Und: Gibt es in diesem Kontext überhaupt ein besser, ein schlechter? Nicht unbedingt, meint zumindest Polenz. Wichtig sei in erster Linie, sich intern darauf zu verständigen, welche Probleme man konkret lösen wolle und was man erreichen will. Dabei käme es nicht unbedingt darauf an, in welchem Sektor jemand tätig ist. Der interne Purpose einer Firma, die Computerspiele entwickelt, können zum Beispiel darin bestehen, dass die Menschen, die dort arbeiten, zusammen ihrer Leidenschaft nachgehen. „Wenn man sich auf seinen Kern besinnt und die Partizipation des gesamten Teams fördert, kann der Purpose funktionieren“, resümiert Polenz, in dessen NGO übrigens zwei Angestellte darauf achten, dass intern die Werte der Organisation gelebt werden.

Derartige „Culture Keeper“ gibt es bei DCMN zwar nicht, doch verfolgt das Unternehmen einen ähnlichen Ansatz bei der Auslegung des internen Purpose. Zum unternehmenseigenen Wertemodell gehören unter anderem eine ehrliche Feedbackkultur und die transparente Kommunikation rund um die finanzielle Lage der Firma, berichtet Neubert. Und von solchen Maßnahmen profitiert die gesamte Belegschaft.

Vielseitigkeit ergibt Chancen

„Die Kultur zu leben ist gut, aber man muss sich trotzdem ständig hinterfragen“, betont Ulmer, der seit der Gründung des Vereins Metality auf basisdemokratische Werte und eine Diskussionskultur von unten nach oben setzt. Sein Konzept für die Verbreitung des vereinseigenen Purpose bezeichnet er als die „Vermetalisierung der Gesellschaft“.

Die Wortneuschöpfung deutet an, wie viele Facetten das Thema Purpose hat. Für Metality zum Beispiel mag es darum gehen, die Werte von Heavy Metal auf die gesamte Gesellschaft zu übertragen. Doch ein Unternehmen wie DCMN oder eine NGO wie „Trikot für die Welt“ wiederum würden den Zweck ihres Vorhabens ganz anders beschreiben. Aus dieser Vielseitigkeit ergeben sich Chancen. Denn schlussendlich ist dadurch für jeden Menschen die Identifikation mit ihrem richtigen Purpose möglich.

02.03.2021    Mark Simon Wolf
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