Klimaschutz Profit Stadt
31.03.2021    Maria Zeitler
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In Kürze 

  • Wer nachhaltig ist, lockt Fachkräfte an.
  • Nachhaltigkeit ist nicht nur ein Thema für Start-ups, sondern auch für etablierte Unternehmen.
  • Unternehmer, die den Weg Richtung Klimaneutralität einschlagen wollen, müssen dazu wirklich bereit sein und sich aufrichtig engagieren. 
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Wie nachhaltig ist mein Unternehmen eigentlich? Auf diese Frage suchte Anna Alex eine Antwort. Die Gründerin des Personal-Shopping-Services Outfittery wollte den CO2-Fußabdruck ihres Unternehmens messen. „Ich habe dabei festgestellt, dass das gar nicht so einfach ist.“ Und weil Alex da eine Marktlücke erkannt hatte, entschloss sie sich, einfach ein zweites Start-up zu gründen – Planetly. „Wir machen Klimaschutz einfach für Unternehmen. Wir ermöglichen ihnen, ihren CO2-Fußabdruck zu verstehen, die richtigen Hebel zur CO2-Reduktion zu identifizieren und all das auszugleichen, was nicht reduziert werden kann“, erklärt sie das Geschäftsmodell. Bei all dem hilft eine Software.

Am „CEO TALK: #WePowerment“ von Kienbaum und DUB UNTERNEHMER nahmen teil:

Experte: Fabian Kienbaum, CEO, Kienbaum Consultants International

Moderation: Jens de Buhr, Verleger, DUB UNTERNEHMER

Vor eineinhalb Jahren wurde Planetly gegründet; inzwischen arbeiten 50 Mitarbeitende daran, Unternehmen auf ihrem Weg in die Klimaneutralität zu begleiten. Im Gegensatz zu Beratern sei ihre Software immer da, sagt Alex – vor allem auch in den Momenten, in denen wichtige Kauf- oder strategische Entscheidungen getroffen werden müssen.

Dank KI nachhaltiger

Auch Christophe Hocquet hat einen „Need“ erkannt. Auch er will Unternehmen helfen, nachhaltiger zu werden. Und auch er hat dazu ein Tech-Start-up gegründet. Natif.ai will mit Künstlicher Intelligenz Firmen helfen, sich zu automatisieren – und zwar bei der Dokumentenverarbeitung und -verwaltung.

„Da ist ein riesiger Bedarf. Wir werden heute überflutet von E-Mails, PDFs und so weiter und können das ganz schlecht verarbeiten. Menschen, die das abtippen, erledigen jeden Tag wiederkehrende, nervige Arbeit, bei der man nur Fehler machen kann. Wir wollen mit unserer Arbeit diesen Menschen Raum für andere Aufgaben geben und die Fehlerquote auf Null bringen“, sagt Hocquet.

Sein Ziel: das papierlose Unternehmen. „Wir haben Kunden, die sagen: ‚Wir wollen keine Kopierer mehr, keine Drucker.’ Die reduzieren den Verbrauch von Papier von ich weiß nicht wie viele Millionen von Blättern auf quasi nichts.“

Klimaschutz und Profit können Hand in Hand gehen

Planetly und natif.ai: Zwei Start-ups, zweimal Nachhaltigkeit, zweimal wird dieses Ziel durch eine digitale Lösung erreicht. Für Hocquet ist das kein Zufall: „Der Chef des US-Software-Konzerns Palantir hat vor Kurzem zwei Dinge gesagt: Erstens gibt es nur zwei Länder, die Software können – die USA und Deutschland. Und zweitens wird die Disruption von kleinen Teams ausgehen. Sehr begabte kleine Teams können schneller bessere Software entwickeln als Großkonzerne.“

Zudem haben Start-ups einen größeren Willen zur Veränderung, meint Fabian Heilemann, Partner bei Earlybird, einer der führenden europäischen Venture-Capital-Firmen. Ihn beeindruckt das Mindset, mit dem viele junge Gründer an die Sache herangehen.

„Ich würde sagen, etwa die Hälfte von ihnen denkt von vornherein mittlerweile die Frage mit: Welche auf die Gesellschaft oder Umwelt bezogenen KPI will ich in die Erfolgsgleichung meines Unternehmens mit reinnehmen? Das ist nicht mehr nice to have. Ich spreche hier nicht von NGOs oder Stiftungen, ich spreche von profitorientierten Unternehmen, die mit ihren Produkten und Technologien Teil der Lösung sein wollen“, so Heilemann.

Vor diesem Hintergrund sagt Fabian Kienbaum, CEO von Kienbaum Consultants International: „Der Zeitgeist ändert sich.“ Das zeigt sich auch bei Alex, die das Geschäftsmodell von Planetly als ein „purpose for profit“-Modell beschreiben würde. Die Geschäftswelt klimaneutral machen – aber mit Profitorientierung: „Wir brauchen Purpose und Skalierbarkeit. Und: Ein Thema groß zu machen fällt leichter, wenn man nicht wie eine Non-Profit-Organisation jeden Euro fünfmal umdrehen muss.“

Eine neue Form des Kapitalismus

Auch fernab der Start-up-Szene Unternehmen zu motivieren, sich Richtung Nachhaltigkeit zu entwickeln – das ist Heilemann wichtig.

„Was mich als Investor, aber auch als Unternehmer, umtreibt, ist die Idee der Weiterentwicklung des Finanzkapitalismus hin zu einem Impact-Kapitalismus. Das Unternehmen ist nicht nur dazu da, finanziellen Profit zu maximieren, sondern es muss Gesellschaft und Umwelt ernsthaft als Stakeholder anerkennen. Venture Capital ist das Instrument, das ich beherrsche und einsetze, um diese Transformation voranzutreiben – einerseits dadurch, wie wir Kapital verteilen, aber andererseits auch dadurch, dass wir unsere Stimme in der Öffentlichkeit nutzen, um Investoren und Unternehmer in diesem Sinne zu beeinflussen“, sagt Heilemann.

Die Arbeitgebermarke stärken

Klimaneutral zu werden – das lohne sich für Unternehmen, ist Anna Alex überzeugt. Auch wenn sie davon ausging, dass viele Unternehmen damit ihre Konsumenten-Marke aufwerten wollten, sei es tatsächlich anders: „Die Arbeitgebermarke ist die Motivation Nummer eins für alle Unternehmen, die mit uns zusammengearbeitet haben. Tatsächlich würden 70 Prozent der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ein Unternehmen bevorzugen, das eine Klimaschutzstrategie hat.“

Damit sei das Thema Nachhaltigkeit zum Business Case geworden. „Wir sind nicht darauf angewiesen, dass in den Vorständen Menschen sitzen, die plötzlich morgen aufwachen und wahnsinnig intrinsisch motiviert sind, das Klima zu schützen. Es gibt eine extrinsische Motivation und ganz rationale Gründe für die Unternehmen, sich jetzt in diese Richtung zu bewegen“, sagt Alex.

Einer der rund 60 bisherigen Kunden von Planetly ist Kienbaum Consultants International. Auch hier gibt es zahlreiche Gründe, sich mit Nachhaltigkeit zu befassen und den Weg Richtung Klimaneutralität einzuschlagen – die Stärkung der Arbeitgebermarke ist einer davon. Fabian Kienbaum sagt: „Einige der ersten Fragen, die wir bekommen, wenn wir mit Bewerberinnen und Bewerbern sprechen, zielen auf unsere Nachhaltigkeit ab. Das ist ein Differenzierungsmerkmal, das umso stärker wird, je klarer man sagen kann, woran man arbeitet und was man anstrebt.“

Wissen, ob man schon bereit ist, um den Weg zu gehen

Wichtig sind aus Kienbaums Sicht vor allem zwei Dinge, an denen sich alle Unternehmer ein Beispiel nehmen sollten:

  • „Die Versprechen, die man nach außen abgibt, werden hoffentlich aus Überzeugung wirklich in der Organisation gelebt.“
  • Und: „Wenn man sich dem Thema Nachhaltigkeit annimmt, dann bitte aufrichtig. Wenn man dafür eigentlich noch nicht bereit ist, sollte man das lieber auch klar sagen.“

Auch wenn er Anna Alex recht gibt, dass sich Klimaschutz auszahlt, glaubt Kienbaum dennoch, dass man einen langen Atem haben muss: „Nachhaltigkeit-Initiativen mögen sich in Jahr eins und zwei gegebenenfalls negativ auf die Profitabilität auswirken. Auf lange Sicht zahlen sie sich aber aus – sowohl unternehmerisch als auch gesellschaftlich.“

31.03.2021    Maria Zeitler
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