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30.11.2020    Maria Zeitler
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Tino Krause Facebook

Tino Krause

leitet seit Februar 2019 als Country Director die Geschäftsentwicklung von Facebook in Deutschland, Österreich und der Schweiz

Sie sagen, die Krise trifft digitalisierte Unternehmen weniger stark. Woran machen Sie das fest?

Tino Krause: Knapp zwei Drittel der kleinen und mittelständischen Unternehmen in Deutschland haben in diesem Jahr weniger Einnahmen als im vergangenen. In England sind das mit 55 Prozent zehn Prozent weniger. Der Grund dafür: Dort generieren viel mehr Unternehmen große Teile ihrer Einnahmen über digitale Kanäle. Die Deutschen sind da noch zögerlich und oft skeptisch. Hier wollen wir helfen und bieten über unsere Initiative „Wir lieben Mittelstand“ branchenspezifische Trainings an.

Was ist für Sie ein digital aktives Unternehmen? Und wie wird man eines?

Krause: Dieses Jahr hat gezeigt: Der Weg, auf dem ich Konsumenten erreiche, hat sich stark verändert und noch mehr ins Internet verlagert. Am Ende waren die Unternehmen erfolgreich, die das schnell erkannt und mit digitalen Innovationen darauf reagiert haben. Und es ist nicht zu spät, damit anzufangen, denn es wird kein Zurück zur alten Normalität geben. Die Konsumenten werden sich auch nach Corona online bewegen – stärker als vorher. Mein wichtigster Rat: Einfach Dinge ausprobieren, auch Fehler zulassen. Das gehört dazu.

Viele sagen sich: „Warum sollten die Leute meinen kleinen Shop nutzen? Die meisten kaufen doch bei Amazon ein.“

Krause: Ich habe gerade gelesen, dass die Deutschen weniger einkaufen, dafür aber stärker lokal. Das ist ja eine Klaviatur, auf der Amazon als globaler Player nie wird spielen können. Das Bewusstsein für Nähe, für Regionalität, für Nachbarschaft und auch Nachhaltigkeit hat in dieser Pandemie zugenommen. Die lokale Nähe zu betonen, ist eine große Chance für kleine und mittlere Unternehmen. Und Digitalisierung war nie einfacher als heute: Ich muss nicht mehr Heerscharen an Menschen einstellen oder riesige Kosten bewältigen, um einen Onlineshop aufzubauen.

Wie hoch ist denn die Schwelle, einen Shop aufzusetzen?

Krause: Die ist schon jetzt nicht hoch. Wir wollen aber dazu beitragen, dass sie noch niedriger wird – gerade jetzt in der Pandemie. Deswegen haben wir die geplante Funktion Facebook-Shops früher als eigentlich geplant realisiert. Das ist eine Art virtuelles Schaufenster, in dem man Produkte ausstellen, aber auch direkt verkaufen kann. Ich habe selber schon im privaten Bereich solche Shops aufgesetzt, weil ich ein paar kleine und mittelständische Unternehmen unterstütze. Wir haben zudem ein Help-Center, bei dem man sich Unterstützung holen kann. Und ich bin mir ganz sicher: Die Barrieren sind geringer als man annimmt.

Ein Unternehmer, der noch nicht im Internet präsent ist, merkt jetzt: Er muss es tun. Was macht er ganz konkret?

Krause: Die erste Frage, die er sich stellen muss, ist: Was möchte ich damit erreichen? Man sollte nicht gleich versuchen, alles zu machen: mit der Community in den Austausch kommen, etwas verkaufen, Kundenbindung betreiben. Er muss sich fragen: Was ist im Augenblick das dringendste Problem, das ich lösen muss? Wenn es das Thema Abverkauf ist, muss er schauen: Hat er überhaupt schon eine Website? Wir sehen, dass 40 Prozent des deutschen Mittelstands überhaupt nicht im Netz präsent sind. Ich richte also eine Homepage ein oder lege bei einer der gängigen Plattformen eine Seite an und beginne, interessante Inhalte zu posten. In einem zweiten Schritt kann ich dann Tools wie zum Beispiel Facebook-Shops nutzen, um direkt zu verkaufen.

Doch Unternehmen etwa in der Kulturbranche können ihre „Waren“ nicht über einen Webshop verkaufen. Sie sind ja im Moment mit am stärksten betroffen. Was können die tun?

Krause: Wir haben ein Spenden-Tool, das bisher nur gemeinnützigen Organisationen zur Verfügung stand. In der Pandemie haben wir entschieden, es auch für Privatunternehmen zu öffnen. Das heißt, auch eine GmbH im Kulturbereich kann einen Spendenaufruf starten und sagen: „Hey, ich bin in einer finanziellen Notlage, unterstützt mich.“

Allerdings leiden die Kulturschaffenden ja auch darunter, ihr Geld nicht mit Auftritten zu verdienen, die ihren Job eigentlich ausmachen.

Krause: Dafür haben wir kostenpflichtige Online-Events eingeführt: Ich kann also ein Konzert oder auch eine Aufführung als kleines Theater veranstalten und „Eintritt“ verlangen. Die Einnahmen für die Tickets gehen zu 100 Prozent an den Veranstalter. Das kostet bei uns keine Gebühren.

Wie funktioniert das genau?

Krause: Auf der Facebook-Seite findet der Kulturunternehmer oder Künstler links ein Auswahlmenü mit dem Punkt Online-Events. Dann wird man durch einen Prozess geführt, um die Veranstaltung aufzusetzen. Das heißt: Man kann den Preis festlegen, bestimmen, wann das Konzert stattfindet, wie man sich anmelden muss, wie mit Kommentaren der Zuschauer verfahren wird.

Und dann soll man Werbung schalten für das Event?

Krause: Das braucht man meist nicht. Denn was wir anbieten, ist ja unsere enorme Reichweite. Werden Freunde, Kollegen und Mitarbeiter motiviert, etwas auch über ihre Netzwerke zu teilen, dann bedarf es gar keiner Werbung. 95 Prozent der Unternehmen, die bei uns ein Profil haben, schalten gar kein Advertising. Sie nutzen einfach die organische Reichweite.

30.11.2020    Maria Zeitler
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