Illustration von Menschen die Daten analysieren
09.12.2020    Miriam Rönnau
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Moderat, erträglich, schwerwiegend, katastrophal – wahrscheinlich werden Menschen im Jahr 2030 einen dieser Begriffe verwenden, wenn sie die Coronakrise rückblickend beschreiben. Jedes dieser Attribute steht stellvertretend für eines von vier postpandemischen Szenarien, die Professor Heiko von der Gracht von KPMG entwickelt hat. 

Die Arbeit des Zukunftsforschers gibt jedoch nicht nur im Alltag mehr Sicherheit. Gemeinsam mit Vertriebsexperte Markus Deutsch entwickelte von der Gracht das Tool „Vertriebsexzellenz in Krisenzeiten“. Damit können Unternehmen prüfen, wo ihre Vertriebsorganisation im Vergleich mit ihren Wett­bewerbern steht. Zugleich lassen sich auch operative Maßnahmen für das eigene Unternehmen zur Vorbereitung auf die vier Szena­rien ableiten.

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Die DUB UNTERNEHMER-Akademie empfiehlt das Tool „Vertriebsexzellenz in Krisenzeiten“. Wissenschaftlich fundiert bereitet es Vertriebler mit Blick auf die vier Zukunftsszenarien von KPMG auf das Morgen vor. Wer Nachholbedarf hat, bekommt zusätzlich Tipps und Work­shopangebote von Experten.

Zur Person

Porträt Markus Deutsch

Markus Deutsch

ist Director Consulting bei KPMG. Er hat
mehr als 18 Jahre ­Erfahrung in der Beratung zu den Themen Vertrieb und Geschäfts­modellentwicklung

Zur Person

Porträt von Heiko von der Gracht

Professor Dr. Heiko von der Gracht

verantwortet als Head of Portfolio Management die Business Assessment und Experience Services im Atlas Marketplace von KPMG. Zudem ist er Inhaber des Lehrstuhls für Zukunftsforschung an der Steinbeis-Hochschule

Wie lässt sich die Zukunft erforschen?

Heiko von der Gracht: Es gibt viele Ansätze und Methoden. Meist werden historische Daten ermittelt und diese in die Zukunft extrapoliert, woraus sich dann Annahmen herleiten lassen. Im Gegensatz zur Trendforschung, die schon früh Trends erkennt und diese antizipiert, ist die Zukunftsforschung breiter aufgestellt. Wir kennen heute rund 30 Methoden, über die sich wissenschaftlich seriöse Szenarien erstellen lassen und deren Aufgabe es ist, Orientierungs- und Entscheidungshilfen für Management, Politik, Wissenschaft oder Militär zu geben.

Mit Blick auf die Coronapandemie haben Sie vier ­Zukunftsszenarien entwickelt. Welche Methode haben Sie dabei eingesetzt?

von der Gracht: Wir haben mit der Szenario-Achsen-Technik gearbeitet, die für eine schnelle Entscheidungsfindung gut ist. Wir wählten zwei Achsen: zum einen die Dauer der Krise, zum anderen die Auswirkungen. Durch Kombination der Achsenausprägungen werden vier Szenario-Räume aufgespannt. Das erste Szenario beschreibt eine sehr kurze Krise von nur wenigen Monaten mit moderaten Konsequenzen. Wir erleben eine schnelle Erholung und Rückkehr zu einem Lebens­standard wie vor der Krise. Im zweiten Szenario dauert die Krise mindestens zwei Jahre, die Auswirkungen sind erträglich. Das dritte verknüpft eine recht kurze Dauer der Krise mit schwerwiegendsten Folgen. Und das vierte Szenario beschreibt eine Gesellschaft und Wirtschaft im Daueralarm. Die Krise hält lange an und hat katastrophale Folgen.

Welche Schlüsse lassen sich daraus ziehen?

von der Gracht: Wir haben in der Regel 40 bis 50 verschiedene Story-Elemente, die in jedem Szenario in derselben Reihenfolge auftauchen, aber mit unterschiedlichen Ausprägungen. So lassen sich für verschiedene Bereiche Entwicklungen skizzieren, welche die Auswirkung innerhalb des jeweiligen Szenarios zeigen und darauf aufbauend Maßnahmen herleiten.

Markus Deutsch: So etwa für den Bereich Vertrieb. Der Markt ist derzeit von viel Unsicherheit geprägt, Unternehmen wissen nicht, wie sich die einzelnen Kundengruppen künftig entwickeln werden. Besonders bei international agierenden Unternehmen stellt sich die Frage, welche Märkte angegangen werden sollen und welche Produkte sich künftig besser oder schlechter verkaufen lassen.

Können sich Vertriebler dann nicht einfach auf das Schlimmstmögliche gefasst machen und ihre ­Strategie erst einmal nach dem vierten Szenario ausrichten?

Deutsch: So einfach ist das nicht. Möchte sich ein Unternehmen strategisch nach einem Szenario ausrichten, muss es erst einmal wissen, wo es steht. Nehmen wir das Beispiel Vertriebsprozesse. Hier kann ich etwa in der Prozessanalyse und Fokussierung auf relevante Prozesse gut aufgestellt sein, aber im Bereich Automatisierung von Vertriebs- und Kunden­serviceprozessen etwa durch Chatbots eher mäßig gut. Es gilt also zu prüfen, wo der Vertrieb im Vergleich zur Benchmark steht. Dann stellt sich die Frage, wie relevant die unterschiedlichen Dimensionen inner­halb des Bereichs für die vier Szenarien sind. Für das eine Szenario sind Chatbots vielleicht sehr wichtig, für ein anderes Szenario eher weniger, weil andere Dimen­sionen entscheidender sind und in den Fokus rücken sollten. 

Sie haben dafür ein Tool entwickelt. Wie funktioniert das?

Deutsch: Im ersten Schritt erhält der Proband ein Self-Assessment mit sieben Vertriebsdimensionen. Daraus lässt sich ableiten, wie gut die Vertriebsorganisation in der jeweiligen Dimension aufgestellt ist. Zeigt sich, dass der Reifegrad etwa im Bereich Vertriebsprozesse mäßig gut ist, kann tiefer in den Bereich eingestiegen werden. Probanden erhalten eine Übersicht, die zeigt, wie relevant einzelne Unterbereiche der Dimension für die jeweiligen Zukunftsszenarien sind. Anschließend bekommt man konkrete Hand­lungsempfehlungen, um sich besser aufzustellen. 

Mit welcher Datenbasis haben Sie gearbeitet, um die Benchmark zu erstellen?

Deutsch: Sowohl KPMG-Experten als auch externe Experten aus unterschiedlichen Bereichen haben die Datenbasis erstellt.

Woher wissen Vertriebler, für welches Szenario sie Maßnahmen ergreifen sollten?

von der Gracht: Grundsätzlich kann die Gewichtung der Maßnahmen von zwei unterschiedlichen Seiten her gedacht werden: der fokussierten und der zukunftsrobusten. Ersteres bedeutet: Unternehmen suchen sich das für sie relevanteste Szenario und priorisieren danach ihre Maßnahmen. Zukunftsrobust heißt, dass Unternehmen diejenigen Maßnahmen priorisieren, die möglichst effektiv in allen vier Szenarien sind.

09.12.2020    Miriam Rönnau
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