Corona-Folgen: Branchen müssen zusammenhalten
03.06.2020    Miriam Rönnau
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Mit Jens de Buhr, Verleger des DUB UNTERNEHMER-Magazins, und Inka Schneider, Journalistin und Moderatorin der NDR-Show „Das rote Sofa“ diskutieren:

 

Hat die Politik angemessen auf die Krise reagiert?

„Die meisten Unternehmen sind von der Krise betroffen, allerdings ist es in Deutschland nicht so schlimm wie in vielen unserer Nachbarländer“, sagt Thilo Brodtmann, Hauptgeschäftsführer des VDMA. Der Grund dafür: In Deutschland habe es keinen vollständigen Lockdown gegeben, sodass die Arbeit zwar entschleunigt wurde, aber nicht komplett zum Erliegen kam.

Brodtmann: „Dennoch gab es Verzögerungen in den internationalen und europäischen Lieferketten. Und die Nachfrage auf Kundenseite ist gesunken.“ Schon vor der Krise rechnete der Verband mit einem Minus von fünf Prozent in diesem Jahr.

Der Grund: viele Transformationsprozesse waren bereits in Gang gesetzt, etwa in Hinblick auf die nachhaltige Mobilität oder Digitalisierung im industriellen Mittelstand. „Prognosen zu stellen, trauen wir uns derzeit nicht. Klar ist: Es wird schlechter als minus fünf Prozent.“

Dennoch ist der Geschäftsführer des Branchenverbands ein Stück weit zuversichtlich: „Was funktioniert, ist unsere nationale Politik. Wir haben etwa die Themen Liquiditätshilfen und Kurzarbeit gut gelöst. Wir krempeln die Ärmel hoch und wollen Gas geben, intelligente Produkte entwickeln und den politischen Forderungen nach klimafreundlicher Mobilität nachkommen.“ Spannend bleibt für ihn vor allem, wie es jetzt weitergeht: Wie wird sich die Nachfrage entwickeln? Wie wird der Re-Start der Wirtschaft aussehen?

„Ich bin schon etwas in Sorge, was jetzt auf uns zukommt“, sagt Sven Lindig, Geschäftsführer der LINDIG Fördertechnik. Das Unternehmen entwickelt Gabelstapler, Lagertechnik und Arbeitsbühnen; zu den Kunden gehören auch Automobilzulieferer. „Vor ein paar Jahren hat die deutsche Automobilindustrie Konkurrenten wie Tesla noch belächelt. Das ändert sich jetzt. Und wenn Kunden eher auf Software statt auf Stahl setzen, verändert sich die Nachfrage. Das kommt auf die anstehende Rezession noch obendrauf.“

Was können Führungskräfte jetzt lernen, um bei einer möglichen zweiten Infektionswelle besser vorbereitet zu sein?

„Die erste Botschaft ist: Wer bisher seine Mitarbeiter gut behandelt hat, wird jetzt doppelt belohnt“, sagt Frank Kübler, Gründer und CEO von Leada. Als digitales Assistenzsystem unterstützt die App Führungskräfte und erleichtert Personalern die Arbeit. In den vergangenen Jahren, so Kübler, haben Unternehmen viel Geld für Strategien und Prozesse ausgegeben, die jetzt nicht mehr haltbar sind. „Daher ist es umso wichtiger, in Menschen zu investieren und die Führungskultur auszubauen.“

Drei Maßnahmen empfiehlt Kübler für die Zukunft:

  • Die Konzentration auf Führung ist gerade jetzt unerlässlich.
  • Alle Prozesse, die sich jetzt als unnötig herauskristallisieren, müssen gestrichen werden.
  • Das Krisenmanagement sollte auch im Alltag gelebt werden – und so Resilienz im Unternehmen aufbauen.

Lindig ergänzt: „Es geht um das große Ganze. Sowohl Führungskräfte als auch Mitarbeiter kennen zwar meist die Ziele des Unternehmens, wissen aber nicht, wie man sie erreicht. Man muss an den richtigen Stellen unterstützen und anderen Freiheit gewähren sowie Mitarbeitern die Möglichkeit geben, selbst zu gestalten.“

Stichwort „Purpose Driven Business“: Ist jetzt die Zeit, umzudenken?

Eine Zuhörerin fragt im Call, ob die Fertigungsindustrie in den Bereichen Industrie 4.0 und Internet der Dinge die Zukunft verschlafen hätte, da international schon viel mehr realisiert wurde. Brodtmann: „Im B2B-Bereich gibt es mehrere Phasen. Zum einen muss man die Prozesse intelligent machen, dann die Steuerung umsetzen. Der letzte Schritt ist dann das digitale Geschäftsmodell. Bei der Industrie 4.0 haben wir gute Chancen, um auf dem Weltmarkt mitzuspielen. Die Wege sind in unserer Branche nur komplexer als bei Plattformen wie Amazon.“

Auch Lindig zeigt sich zuversichtlich: „Unser Unternehmen gibt es bereits seit 125 Jahren. Viele Mitgliedsfirmen des VDMA sind schon 200 Jahre alt und haben zwei Weltkriege sowie die Finanzkrise 2008 überstanden. Und was wir daraus gelernt haben: Nach jeder Krise war das, was folgte, besser als vorher. Darauf sollten wir uns jetzt auch konzentrieren.“

Moderatorin Inka Schneider ist überrascht, mit welch positiver Einstellung Unternehmer in der Krise agieren: „Ich bin wirklich erstaunt, wie gut die Krise gemeistert wird. Als Bürgerin und Journalistin zeigt es mir, wie wichtig es ist, informiert zu bleiben und ein umfassendes objektives Bild von der Wirtschaft zu erhalten.“

03.06.2020    Miriam Rönnau
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