Gleich zahlen – später prüfen: So gingen die zuständigen Stellen vor, wenn es um die Auszahlung von Hilfen an durch den Corona-Lockdown betroffene Unternehmer ging. Die erste Phase mit der Leistung von Soforthilfen an Soloselbstständige, Freiberufler oder Kleinstunternehmen ist beendet, jetzt rollt offenbar eine zweite Phase: Bundesweit ermittelt die Justiz in Tausenden Fällen wegen des Verdachts auf Subventionsbetrug. Das hat eine Umfrage der „Deutschen Richterzeitung“ bei verschiedenen Behörden ergeben, wie das „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ RND berichtet. Demnach geht der Schaden für den Staat in die Millionen. Allerdings hatte allein der Bund 50 Milliarden Euro an Soforthilfen für kleine Unternehmen, Selbstständige und Freiberufler bereitgestellt. Hinzu kamen noch Programme der Länder.
Die Zahlen könnten noch steigen: „Trotz Auslaufens der staatlichen Hilfsprogramme erreichen die Staatsanwaltschaften weiterhin neue Verdachtsfälle“, sagte der Bundesgeschäftsführer des Deutschen Richterbunds, Sven Rebehn, dem RND. Er geht davon aus, dass die strafrechtliche Aufarbeitung der Corona-Krise die Justiz „noch bis weit ins nächste Jahr hinein beschäftigen“ wird.
So viele Fälle und potenzielle Schäden gibt es laut RND aktuell in den Bundesländern
Nordrhein-Westfalen: Mehr als 4.300 Verfahren, über 9 Millionen Euro
Berlin: Mehr als 2.000 Fälle, über 6 Millionen Euro
Hessen: Rund 1.000 Fälle
Hamburg: Über 1.000 Verfahren
Niedersachsen: Etwa 800 Fälle, mehr als 7 Millionen Euro
Sachsen-Anhalt: Mehr als 600 Fälle
Bayern: Rund 500 Fälle
Sachsen: Etwa 500 Verfahren, rund 5 Millionen Euro
Baden-Württemberg: Rund 300 Fälle
Schleswig-Holstein: Etwa 250 Verfahren
Mecklenburg-Vorpommern: Über 200 Fälle
Brandenburg, Bremen, Rheinland-Pfalz, Saarland: jeweils Verdachtsfälle im unteren dreistelligen Bereich
Thüringen: keine Angaben
Ob sich jeder Verdacht erhärtet und Gelder tatsächlich in krimineller Absicht erschlichen wurden, ist offen. Möglicherweise wurden auch nötige Unterlagen nicht vollständig eingereicht. Schon während des Lockdowns hatten Freiberufler im DUB Digital Business Talk die Befürchtung geäußert, sie könnten angesichts der schwer überschaubaren Geschäftslage unwissentlich Subventionen zu Unrecht beantragen.