digitale Customer-Journey
03.03.2021    Karina Engelking
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Analog war gestern: Der Beginn des zweiten Lockdowns Ende 2020 war der jüngste und für viele Anbieter von Produkten und Services der dringlichste Impuls, die Online-Präsenz auf- oder auszubauen. In einer Studie schreibt das auf E-Commerce spezialisierte Marktforschungsunternehmen ECC KÖLN von der „Onlineisierung des Weihnachtsgeschäfts 2020“ und berichtet von steigenden Umsätzen in Online-Shops um 43 Prozent.

Der Einsatz digitaler Tools macht online ein Kundenerlebnis nach Maß möglich. Und solch ein Erlebnis lässt sich am besten mit einer Reise vergleichen: Von der Anbietersuche bis zur nachhaltigen, langfristig angelegten Beziehung zum Unternehmen durchlaufen Kunden mehrere Stationen. Zusammen ergeben diese die Customer-Journey.

Die zentrale Ausrichtung auf die Kunden, Customer-Centricity genannt, hilft dabei, Bedürfnisse proaktiv zu ermitteln und die eigenen Maßnahmen und Angebote zu evaluieren. Und: Dafür muss man kein Großkonzern mit entsprechenden finanziellen Ressourcen sein. „An allen Punkten der Customer-Journey können schon kleine Maßnahmen viel bewirken“, sagt Christian Steiger von lexoffice, einem Anbieter cloudbasierter Unternehmenslösungen aus dem Hause Lexware. 

Eine Umfrage von lexoffice und YouGov zum Thema Kundenbeziehung zeigt: Von den Selbstständigen und Kleinunternehmen führte ein Drittel während Corona neue digitale Hilfsmittel ein. „Jeder kann Prozesse digitalisieren und mit passender Software Kanäle bündeln und Services verbessern, etwa durch das Implementieren von zeitgemäßen Bezahldiensten und das Anbinden von Tools zur Bestandskundenkommunikation – und das ohne Programmierkenntnisse“, so Steiger. Es herrsche zwar Nachbesserungsbedarf, doch biete sich hier eine große Chance, jetzt kundenzentriert das Geschäft online zu etablieren.  

Wie generiere ich Kunden online?

Eine Online-Präsenz ist ein Muss, um Kunden über Google zu erreichen und dadurch organisch zu wachsen. Doch gerade bei Kleinunternehmern besteht laut lexoffice und YouGov Nachholbedarf: Nur 43 Prozent haben eine Website, und lediglich 20 Prozent nutzen das Potenzial von sozialen Medien. Dabei werden vor allem junge Menschen, die Digital Natives, vermehrt über Plattformen wie Instagram auf Produkte und Services aufmerksam. Auch Vergleichsportale, Marktplätze wie Amazon und eBay oder die Werbung über Suchmaschinen helfen, sich als Anbieter zu positionieren.

Wie schaffe ich ein passgenaues Kundenerlebnis?

Generell gilt: Je mehr Informationen über einen (potenziellen) Kunden vorliegen, desto personalisierter kann die Ansprache erfolgen. Wer eine Chance auf einen Auftrag haben will, muss zur richtigen Zeit am richtigen Ort präsent sein. Am effektivsten ist es, alle Kanäle, die potenziell im Rahmen der Customer-Journey genutzt werden könnten, miteinander zu verbinden. Amazon macht es vor: Käufe können vom Laptop, aus der App oder über Alexa-Lautsprecher getätigt werden. Basierend auf den dadurch gesammelten und analysierten Daten erhalten (potenzielle) Kunden kontinuierlich individuell zugeschnittene Vorschläge und Angebote.

Wie überzeuge ich Kunden vom Kauf?

„Kun­denbedürfnisse werden immer komplexer“, sagt Steiger von lexoffice. „Es etablieren sich immer mehr Plattformen und Kommunika­tionstools wie Chat-Apps und soziale Medien, die auch für Kleinst- und kleine Unternehmen wichtige Touchpoints darstellen – ­Corona hat das eindrücklich unterstrichen.“ Angesichts dessen ist es umso wichtiger, sensibel auf neue Wünsche seitens der Kundschaft zu reagieren und maßgeschneiderte Lösungen anzubieten. Denn letztendlich führt die konstante Ausrichtung auf den Kunden zum Kaufabschluss. Click & Collect, ein Hybrid aus stationärem und Online-Handel, macht es ganz im Sinne der Customer-Centricity vor: Nach digitaler Bestellung erfolgt die Abholung der Waren vor Ort. Insbeson­dere in den strengeren Lockdown-Phasen setzten unter anderem Mode- und Elektronikhändler sowie Bau- und Lebensmittelmärkte verstärkt auf diese Option.

Wie optimiere ich die Abwicklung?

Komfortable Services zur Auftragsannahme inklusive Möglichkeiten zur Online-Terminbuchung verein­fachen und beschleunigen die Kaufabwicklung und verbessern somit das Erlebnis für den Kunden. Christian Steiger berichtet mit Blick auf die Ergebnisse der lexoffice-YouGov-Studie: „Persön­licher Kontakt ist nicht entscheidend für eine als gelungen empfundene Kunde-Unternehmen-Beziehung. Stattdessen soll es bequem und zuverlässig sein. Hier können digitale Tools helfen, die Services entlang der Customer-Journey zu verbessern. Das Motto: Convenience schlägt alles.“

Birgit Schips von meine-moebelmanufaktur.de setzt etwa auf Videoberatung und einen 3-D-Konfigurator. Durch einen solch umfangreichen Service während der Kaufabwicklung gehe man als Anbieter in Vorleistung, so Schips. Doch sollte sich der Einsatz am Ende auszahlen. Denn gute Beratung gibt dem Kunden Sicherheit, zeigt die Hochwertigkeit des Produkts und minimiert die Wahrscheinlichkeit von Retouren. Die richtigen Tools können also eine nachhaltige Investition in die digitale Kundenbeziehung sein.

Wie digitalisiere ich die Kommunikation?

Der Kontakt zum Kunden endet keinesfalls nach Abschluss des Kaufvertrags. Für Fragen zum Produkt oder Service sollte es immer ein offenes Ohr und aktive Hilfestellung geben. SAP Hybris berichtet, dass 89 Prozent der Kunden eine ­Antwort auf Rückfragen innerhalb von 24 Stunden erwarten. Auf Schnelligkeit in der Kommunikation setzte während der Krise Nike: Nachdem corona-bedingt die Shops schließen musste, wurde eine zusätzliche Kommunikations-Applikation für die 35.000 Mitarbeiter entwickelt. Sie ermöglichte die schnelle Beantwortung von Kundenfragen, die aus der offiziellen Shopping-App des Sportartikelherstellers weitergeleitet wurden.

Digitalisierte Kommunikation ist während der Customer-Journey unabdingbar. Denn: Das Be­dürfnis nach zeitgemäßen Angeboten wie E-Mail, Kontaktformularen, Chat-Funktionen und Apps steigt. Elf Prozent der unter 25-Jährigen möchten sogar über Instagram mit dem Anbieter kommunizieren, zeigt die Studie von lexoffice und YouGov. Ein Drittel der Dax-Unternehmen setzt Messenger-Dienste wie WhatsApp – immerhin eines der privat meistgenutzten Kommunikationsmittel – bereits für den Kundenservice oder das Marketing ein.

Wie optimiere ich den Bezahlungsvorgang?

Auch der Bezahlvorgang ist ein essenzieller Teil der Customer-Journey. Er entscheidet mit darüber, ob der Kunde den gesamten Prozess in guter oder schlechter Erinnerung behält. Die gängigen Zahlungsmethoden nicht anzubieten kann zum Verhängnis werden. Es führt zumindest zu Frust am Warenkorb, vielleicht sogar zum Last-Minute-Absprung vom geplanten Kauf. 

Um das zu verhindern, sollten Optionen wie PayPal zur Verfügung stehen. Wer davon noch überzeugt werden muss: 95 Prozent der von Statista Befragten nennen Paypal als ihre am häufigsten genutzte Online-Bezahlmöglichkeit. Auf Platz zwei findet sich Klarna (42 Prozent).

Wie nutze ich Kundenfeedback?

Zum Ende des Kaufvorgangs lässt sich die Kundenbeziehung über Bewertungsmöglichkeiten auf Google, durch Online-Befragungstools oder Aufrufe zur Bewertung auf der Webseite noch vertiefen. Laut lexoffice und YouGov sind positive Erfahrungen von Kunden das zweitwichtigste Kriterium bei der Anbieterauswahl (75 Prozent) im Dienstleistungs- und Handwerksbereich. „Aus Feedback können wichtige Learnings zur besseren Ausrichtung an Kundenbedürfnissen gezogen werden. Zudem fühlen sich Kunden wertgeschätzt, fragt man sie nach ihren Erfahrungen“, betont Christian Steiger von lexoffice.

Wie binde ich Kunden langfristig an mein Unternehmen?

Das Hauptziel der Customer-Journey ist die langfristige Bindung der Kunden an das Unternehmen. Es gilt, ihn quasi zum Fan des Unternehmens zu machen. Das Interesse bis zum nächsten aktiven Kontakt kann zum Beispiel durch einen Newsletter oder über Social-Media-Kanäle aufrechterhalten werden. So lassen sich aktuelle Angebote präsentieren oder aber die Kunden bekommen durch zusätzlichen Content einen Mehrwert.

03.03.2021    Karina Engelking
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